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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
36. Heft.1956
Seite: 9
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J.V. von Scheffel und Emma Heim

Vortrag, gehalten bei der Einweihung der Scheffel-Emma Heim-Stube
im „Hirschen" in Zell am Harmersbach am 21. November 1955

von Dr. Wilhelm Zentner

Hätten wir uns vor einem halben Jahrhundert zusammengefunden,
J. V. von Scheffels Andenken zu feiern, Ruhm und Preis seines Dich-
tertums wären eine Selbstverständlichkeit gewesen. Heute sieht derjenige
, der sich mit Werk und Leben dieses Mannes befaßt, veranlaßt,
statt des Preises zunächst eine Rechtfertigung zu versuchen. Denn es
kann nicht bestritten werden, daß den Zeiten einer hohen und höchste
Wogen schlagenden Scheffelbegeisterung eine Periode gemäßigteren
Urteils, schließlich sogar regelrechter Verkennung gefolgt ist. Vielleicht
ist aber dieser jähe Wechsel des Für und Wider, von Zustimmung
und Ablehnung notwendig, um im Endergebnis zur richtigen
Einschätzung der Tugenden und Fehler, der Stärken und
Schwächen eines künstlerischen Genius zu gelangen. Nur so vermag
nach dem Abebben des Sturmes von der Parteien Haß und Gunst
das endgültige Bild in klaren Linien und Umrissen hervorzutreten.

Die Scheffelbegeisterung früherer Generationen ist augenscheinlich
dem Irrtum unterlegen, Werk und Wesen des Dichters zu sehr
von außen, von der Oberfläche her gesehen zu haben, nicht aber zu
den tragischen Tiefen, insbesondere seiner menschlichen Erscheinung
gedrungen zu sein. So feierte man z. B. in „Meister Josephus" einen
großen Humoristen der deutschen Literatur, übersah jedoch, daß
dieser Humor keineswegs die Frucht einer aus glücklichem inneren
Naturell brechenden Heiterkeit war, sondern einem im Grunde
schwerblütigen, unablässig mit sich selbst und dem Dasein ringenden
Charakter abgetrotzt werden mußte. Wer das weiß, erblickt im
Scheffeischen Humor mehr als das leichte Spitzengeriesel einer von
fröhlicher Brise aufgekräuselten Kneip- und Kommersstimmung. Erst
die Kenntnis des Menschen Scheffel rückt auch sein dichterisches
Schaffen ins richtige Licht, gibt ihm einen ungeahnt tiefen
, teilweise erschütternden Hintergrund.


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