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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
36. Heft.1956
Seite: 11
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sehen Materials herbei, daß der Dichter regelrecht in solchem Übermaß
erstickt. Sieben lange, von mehreren Nervenzusammenbrüchen
verdüsterte Jahre hat dieses Ringen gedauert, bis es als aussichtslos
aufgegeben wurde. Eine Zeit schwerster Prüfung für den Dichter,
der von dem selbstquälerischen Wahn gepeinigt wurde, der Großherzog
werde ihn für wortbrüchig halten und deswegen die Freundeshand
von ihm abziehen. Immerhin sind aus den Fragmenttrümmern
dieses nie vollendeten Wartburgromans zwei Blüten hervorgewachsen
, die niemand missen möchte: Die Novelle „Juniperus", eine der
künstlerisch vollgültigsten Konzeptionen Scheffels/ sowie das Liederbuch
„Frau Aventiure", in seinen tiefsten Stücken eine Widerspiegelung
jener Schaffensqualen, die der Wartburgroman verursacht
hatte.

Legt man auf die niederziehende Schale der geschilderten Wachstumsschmerzen
außerdem die zahlreichen persönlichen, privaten
Mißgeschicke, welche dem Dichter widerfuhren und an denen sein
Mißtrauen, sein bis zur Prozeßsucht überfordertes Rechtsgefühl oft
nicht ohne Mitschuld waren, dann kann man in der Tat von einem
Leben sprechen, das sich nie von der „spezifischen Schwere des Daseins
" entbürdet, im Gegenteil deren ganze Wucht auf seinen Schultern
lasten gefühlt hat.

Man wird indessen Scheffels dichterischem Schaffen nur gerecht,
wenn man es, was es tatsächlich gewesen, als männlich mutigen Protest
gegen die Lebensumstände auffaßt, denen es abgerungen werden
mußte. Während in der privaten Sphäre Zwiespalt, Zweifel,
Problematik, bis ins Krankhafte gesteigerte Reizbarkeit der Nerven
walten, bleibt Scheffels Dichtung nie ohne den Versuch einer den
Zwiespalt lösenden Synthese und mutet uns, soviel ihr Träger von
innerer Zerrissenheit, von krankhaften Zuständen geplagt sein mochte
, durchaus gesund, kräftig, positiv, lebensfrisch und lebenstüchtig
an. Das Verfahren, aus Scheffels menschlich problematischer Natur,
die nicht seine Schuld, vielmehr sein Schicksal war, auch
für sein poetisches Schaffen kranke Keime, brüchige Stellen folgern
zu wollen, wird durch die Wirkung widerlegt, die dieses Werk,
voran der „Ekkehard", des Dichters unvergänglichste Tat, noch
heute auf den unbefangenen Leser übt.

Daß nach dem Gesagten Scheffel es mit den Frauen, die Frauen
ihrerseits es mit ihm nicht leicht gehabt haben, liegt auf der Hand.
Auch in diesem Punkte wirkt des Daseins „spezifische Schwere". So-
viele Begegnungen, soviele Enttäuschungen. Deren schlimmste seine
verhältnismäßig späte Ehe, die, kaum geschlossen, wieder zur Tren-

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