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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
36. Heft.1956
Seite: 20
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Ehe, in der der eine Teil den anderen ängstlich mied, gebunden an
eine Frau, die erklärt hatte, nie mehr zu ihrem Gatten zurückkehren
zu wollen, die lieber auf das einzige Kind dieser Ehe verzichtete, als
daß sie Scheffels Nähe geteilt hätte. Erst auf des Dichters Sterbebette
kam es zu einer Versöhnung.

Vor allem in den ersten Jahren, nachdem Scheffel in Seehalde bei
Radolfzell eine Art schirmenden Ports gefunden hatte, sind der Dichter
und Emma Heim viel zusammengekommen, zumal diese längere
Zeit bei ihrem Bruder, dem Waldshuter Arzte Dr. Karl Heim, lebte.
Insbesondere in den Jahren 1874, 1875, 1876 wurden die Bande der
Freundschaft sehr eng geknüpft, und durch Scheffels Briefe aus
jenen Tagen, wo sich die beiden wohl am nächsten gekommen, glüht
die Flamme einer geläuterten Leidenschaft für das „Herzliebste M".
In der Tat, es ist ein schöner und erhebender Gedanke, sich die beiden
am Gestade der Zeller Bucht vorzustellen, aus den Fenstern
Seehaides mit ihren herrlichen Nah- und Fernblicken auf den abendlichen
, in sanften Farben erschimmernden See hinausträumend wie
über ihr Leben, das nun endlich Beruhigung und Sänftigung erfahren
hatte. Mitunter stand man auch auf der Kuppe des Hohentwiel, genoß
den gewaltigen Rundblick, der sich dort dem Auge auftut, und
Scheffel erklärte im Landschaftsbilde jeden Bergrücken, jede Turmspitze
, jede Hütte. Wie ihr Herr führte er die Base durch die Ruinengänge
„seiner" Burg. „Dir fehlte nur der Falke auf der Hand", pflegte
er dann zu Emma zu sagen, „und du wärst eine Edeldame, und man
sollte uns wohl für die Herren dieser Burg halten."

Einen dauernden inneren Frieden, wie er augenblicksweise über
solchen Momenten gelegen sein mag, konnte dem alternden Scheffel
kein Mensch bieten, selbst Emma Heim nicht. Sie scheint dies auch
gefühlt zu haben, als sie später ihre Besuche seltener werden ließ.
Aber niemals hat sie ein Wort des Befremdens oder der Klage geäußert
, daß der Dichter mit der Schwere seines Blutes, mit der Jähheit
seiner Stimmungswechsel, seinem krankhaften Mißtrauen wie
mit einem Schicksal geschlagen war. Sie hatte wohl eingesehen, daß
dies düstere Gewölk nie dauernd zu zerstreuen, höchstens zeitweise
aufzuhellen war. Was sie für ihren Teil dazu beizutragen vermochte,
hat sie reichlich getan. Dankbar hat sie der Dichter einmal den
„guten Geist" seines Hauses, seines Lebens genannt, ein Ehrentitel,
der aus diesem Munde keiner anderen Frau zuteil geworden ist. Ihr
hat er sich, „timide du coeur" bis an sein Lebensende, wie keinem
zweiten Menschen geoffenbart, ihr nie sein Vertrauen entzogen. So
konnte sie, wie nur wenig andere, auch zur Wesenerkenntnis der

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