Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
36. Heft.1956
Seite: 27
(PDF, 67 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1956/0029
Mancher Sympathiedoktor hat einen Bergspiegel, in dem er
alle Krankheiten sehen kann; man braucht dem Volksarzt nur den
Namen des Kranken zu nennen. Dieses Zaubermittel kann nur auf
geheimnisvolle Weise erworben werden. Hören wir, wie der Heider,
der im Herbst 1893 mit seiner Tätigkeit als Volksarzt begann, den
Bergspiegel erlangte!

„In einer mondhellen Nacht steht er mit den notwendigen zwei Zeugen, die
aber .. . schweigen müssen — an der Kreuzstraße unweit des Gröbernhofs. Seine,
des zukünftigen Sympathie-Doktors Aufgabe ist es, einen Spiegel an den vier
Ecken mit Kreuzen zu bezeichnen, um Mitternacht, und ihn auf der Kreuzung der
Straßen zu begraben, bis drei Leichen darübergeführt oder getragen worden sind.

(Da seine Zeugen aber das erstemal sprechen), nimmt er zwei Taubstumme. Bei
ihnen ist er sicher, daß sie die Geister nicht beschreien und das wilde Heer nicht
durch die Lüfte sausen hören und so erschrecken. Es gelingt. Die Stummen werden
erst dann unruhig und fliehen, als sie über dem Haupt Heiders etwas hängen
sehen wie einen Mühlstein und glauben, der Stein erschlage auch sie. Der Spiegelfabrikant
arbeitet unentwegt weiter; die Zeichen sind gemacht und er vergräbt
nur noch seinen Spiegel. Kaum ist er damit zu Ende, so fällt er um und liegt bewußtlos
auf der Erde, bis der Morgentau ihn weckt" (B 213 f.).

Der Bergspiegel des Hättichsbur war aus reinstem Bergkristall
(WK 44, 336). Auch der Gutacher Jokele benützte einen Bergspiegel
(WK 300).

Sympathiedoktoren konnten nicht nur bei Krankheiten helfen; ihre
Macht ging noch weiter: der Gutacher Jokele konnte z. B. Diebe
entdecken. Der Schneider Hils, dem Geld gestohlen worden war,
suchte den Jokele auf, der ihm versprach, dem Dieb so heiß zu
machen, daß dieser das Geld in der folgenden Nacht wieder bringen
müsse.

„Der Schneider möge nur um Mitternacht an seinem Fenster stehen mit dem
Garn-Haspel seiner Frau und anfangen, den Haspel zu drehen. So schnell als er
den Haspel drehe, müsse der Dieb laufen; aber wenn er komme, dürfe er nicht
beschrieen werden, sonst kehre er wieder um.

Der Schneider fängt um die Geisterstunde zu haspeln an; das Mondlicht bescheint
draußen die Gasse, und er kann bequem zusehen, wenn der Delinquent
ankommt. Da keucht ein Mann athemlos daher; schon nähert er sich der Hütte
des Schneiders, und frohlockend ruft dieser seinem Weib ... zu: „Seppa, still, er
kunnt!" Beschrieen ist beschrieen; vor der Thür kehrt der nächtliche Wanderer um
und nimmt sein Geld wieder mit" (WK 301 f.).

Neben diesen verschiedenartigsten Sympathiemitteln kennt das
Volk auch viele Naturheilmittel, die auch von den Sympathieärzten
verwendet und verordnet wurden. Gegen Wassersucht verordnete
der Schneider-Miehle, der seine Kenntnisse aus alten
Sympathie- und Kräuterbüchern schöpfte, Maiglöckchen, die man
ins Wasser legt und davon trinkt (WK 304). Gegen Eingeweidewürmer
bei Kindern empfahl der Nagile-Karle, im Frühjahr die ersten
Schosse des Brombeerstrauches zu pflücken, sie ins Wasser zu

27


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1956/0029