Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
36. Heft.1956
Seite: 149
(PDF, 67 MB)
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bewilligt, verdienen ihn; aber diesem hier, den drei Stockwerken, jedes
zwölf Fenster stark, mit Rundtürmen an den Flanken und gotischen Traufen
unter dem hohen Dach, kam er zu. Das Portal, nicht sehr breit, von Halb-
pilastern wie ein Renaissancekamin flankiert und mit einem mächtigen Wappen
aus der Barockzeit gekrönt, hatte keine Stufen: die Zugbrücke überdeckte
keine Wasserfläche mehr, nur noch den Graben, der mit Schwertlilien
und Farnen gefüllt war.
Nun, der Bibliothekar fand, was er gesucht hatte. Davon künden die mannigfachen
Schilderungen dieser Landschaft, die in die Erzählung eingebaut sind;
wenn es nicht etwas abgeschmackt klingen würde, könnte man von Perlen um
den Hals einer schönen und geistreichen Frau sprechen:

Tal um Tal durchbrach den Westabhang des Gebirges und entließ einen
Fluß in den Rheingraben. Von den Hügeln, die da herabkamen, waren die
einen mit Reben bedeckt, schattenlos der Sonne hingegeben; andere wie ein
Schachbrett in schmale Felder aufgeteilt, in rote, grüne und gelbe. Auf den
dritten stützten Gabeln die lastenden Äste und schimmerten die mandarinenblauen
Zwetschgen . . .

Hier in der Ortenau lebt er nun, der früh pensionierte Dr. Sparre, ein nicht
eben ungewöhnlicher, aber ein kluger, kenntnisreicher, literarisch bewegter, den
Problemen des Lebens und der Zeit aufgeschlossener Mann, lebt in einer neuen
späten Heimat:

In einer gar nicht so kleinen geschlossenen Welt. Sie ist unendlich reizvoll.
Es gibt Obstland und Rebland, Reichsstädte und Reichsdörfer, ein halbes
Dutzend lieblicher Bädchen, Wasserfälle und Wallfahrtsorte, die steppenhafte
Rheinebene, in der Tabak, Mais, Topinambur und Spargel wachsen.
Ich glaube, dreißig Monate reichen nicht aus, denn dieselbe Szenerie müssen
Sie zu den verschiedensten Jahreszeiten und Tagesstunden aufsuchen, um
sagen zu können, sie sei Ihnen vertraut. Mit einer Landschaft muß man in
langer und guter Ehe verbunden sein ...

Von hier aus, von Schloß Ortenau, erkundet er auf mannigfachen Spazierfahrten
, in vielen Wanderungen die neue schöne Umwelt:

Wir bogen in das Tal der Acher ein. Im Unterschied von dem von Neusatz
gestern hob es sich nicht wesentlich. In der Mitte lag Kappelrodeck, am
Ende Ottenhofen. Hier, am Fuß des Kammstocks, setzte Karl mich ab. Der
Aufstieg begann unmittelbar. Ich folgte zunächst der Fahrstraße; der Kehren
waren viele. Das Hagebuttenrot auf ihrem Gemäuer erfreute das Auge, oben
an den Steilwänden starrten die Wälder. Der Dunst wob die sanfte
Melancholie des Silbers um sie. Schon nahe am Mummelsee stieß ich auf eine
Kreuzotter, die sich am Waldrand sonnte. Ich blieb stehen, betrachtete den
Vipernkopf, ging weiter und erblickte die Absperrung, die den Zugang zum
See verwehrte. Die Franzosen hatten Schuppen angelegt, ein Soldat hielt gelangweilt
Wache. Er rief mir etwas zu, aber ich tat, als hörte ich es nicht;
die fremde Uniform in Gottes freier Natur mißfiel mir. Einen Blick auf die

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