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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
36. Heft.1956
Seite: 150
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1956/0152
moorbraune Farbe des Wassers konnte ich noch eben erhaschen. Seen auf
tausend Meter Höhe beschäftigen die Phantasie, solange sie einsam und
schwer zu erreichen sind. Der Mummelsee hatte sein Geheimnis verloren, er
war mehr berühmt als schön. Ich erinnerte mich noch an den Schock, den
ich, schon ein Vierziger, beim Besuch der Hornisgrinde empfand: es ging wie
auf der Tauentzienstraße in Berlin zu, in jeder Sekunde spie ein Autobus
zwei Dutzend Menschen aus... Ich wanderte weiter. Der Himmel war blau
wie im Tessin, der letzte September so warm wie ein Tag im Juli. Die
Straße führte zum Brigittenschloß. Ich wanderte, wanderte auch, um das
liebe Ich zu ordnen. Es gibt für den, der sich gereizt, entmutigt, unsicher
fühlt, kein besseres Mittel als Bewegung, den Gang durch die Natur. Sabine
machte mir zu schaffen — ich machte mir zu schaffen . ..
Dr. Sparre besucht Menschen in der Umgebung, lernt einen Arzt kennen, den
Professor Kastenvogt, der von Berlin sich nach Sasbachwalden geflüchtet hat:

Unweit der Stelle, an der wir standen, lag ein Bauerngehöft, überragt von
zwei stolzen, hohen Pappeln. Wir wanderten in westlicher Richtung weiter,
ohne tiefer zu steigen. Ein zweiter Hof kam, ebenso frei gelegen wie der
erste, es schaute keiner dem andern ins Fenster. Die Rebe begann; ein mit
Weinstöcken besetzter Hang trennte den Hof von der Sohle. Eine Wendung
nach rechts, und das Auge schweifte über die Vorhügel zur Ebene. Ein Steinbruch
folgte, ein Hain von zahmen Kastanien, ein Häuschen aus gedunkeltem,
getränktem Holz in einem Garten mit Malven, Löwenmäulern, Rosen —
Wir sind daheim, seien Sie willkommen!

Oder der Mann des Buches sitzt an einem der Hänge beim Schloß, auf einer
Bank, neben der ein Bildstock steht, und schaut zur Ebene und zum Strom hinaus:

Scharfe Augen konnten noch eben das Straßburger Münster sehen, aus dem
Ried steigen die Silberdünste auf. Die Sonne steckte in einer Wolkenwand,
kupferrote Münze im Karton — eine riesengroße Scheibe, über die es atmend
wallte. Eine Rosenbank lag vor ihr wie auf dem Madonnenbild, und etwas
Unbestimmbares schwebte ihr entgegen, ob es nun ein Reiher oder, wie der
nüchterne Guido meinte, ein aus Kinderhand entrissener Papierdrache war.
Ein schöner Tag nahm schönen Abschied, die Dämmerung sank. Auf dem
Abhang, inmitten der Bäume der Fruchtbarkeit, und weit hinaus ins Land
wurden Fenster hell. Für jedes Ding kam seine Zeit, für den Abendrauch
und die Kamine, für die Fledermaus. Wir gingen schweigend heim, verriegelten
den Kellereingang und die Haustür, sahen nach dem Herd, ob er
erloschen war, und fanden, es sei nichts mehr zu tun ...

Aber weder Sparre, noch Sabine, noch eine der anderen Gestalten des Romans
übersahen, daß diese Landschaft auch noch anderes als nur malerische Genüsse
bereithielt; man ist dem Kulinarischen in diesem Roman keineswegs abgeneigt:

Land und Jahreszeiten lieferten die Besonderheiten, wir holten sie selbst —
aus Allerheiligen Forellen, aus dem Renchtal Kirschen, aus einem Hof im
Gebirge Speck, aus Straßburg Gänseleberterrinen; für die Spargeln aus

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