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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
36. Heft.1956
Seite: 153
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Phantasie. Dann las ich, daß in Greffern wie in allen Rheindörfern aus dem
Flußsand Gold gewaschen worden war, bis eines Tages keine Hand sich
mehr rührte, die Ausbeute brachte zu wenig ein. In einer Chronik fand ich
den Landesherrn dafür gelobt, daß er die erste Kastanienallee am Rhein
angelegt habe, zu Beginn des achtzehnten Jahrhunderts. Diese Bäume, von
denen jeder, der als Bub mit ihren Früchten gespielt hat, annehmen wird,
daß sie schon da waren, als der erste Badener seine Sätze mit Hajo einleitete
, hatten zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges noch gefehlt — sie
stammen wie die Tulpe vom Balkan. Ich kam hierher, ins Paradies der
Bühler Zwetschgen und hörte von demselben alten Mann, der sich noch an
den Napoleonstag erinnerte, man habe diesen Obstbaum vor etwa 1840 nicht
gekannt. Jetzt begann ich mich ernstlich mit der Pflanzengeschichte zu beschäftigen
, und es war ein Griff ins Wespennest, hundert Fragen entschwirrten.
Die Rebe, die Mirabelle, der Mais, die Zichorie, die Tomate, die Rose, sie
sind alle einmal Fremdlinge gewesen. Sabine fing an, von den Baden-Badener
Gladiolen zu erzählen, und der Präsident von den exotischen Bäumen
ebenda, denen man auf Schritt und Tritt begegnete — den Araukarien, dem
Christusdorn, der Catalpa, der Gingo biloba, den Tulpenbäumen und den
Wellingtonien . ..

Die Beispiele überzeugen von selbst; man braucht kein Wort weiter zu sagen.
Und das gilt ebenso von jenen Bemerkungen, die in diesem Buch, das weit mehr
ist als ein landläufiger Unterhaltungsroman, von den Dingen der Wirtschaft in
eben dieser Landschaft zwischen Oos und Rench erzählen. Etwa wenn vom Rebbau
und dem Obstbau die Rede ist:

Es geht nichts über unsere Zwetschge, wenn sie vollreif und süß ist. Sonntag
ist zum erstenmal im Frieden wieder Zwetschgenfest in Bühl. Wir können
hinfahren, Sie bekommen einen Begriff von der Menge, die im Bezirk geerntet
wird — und wenn Sie annehmen, daß ein Bäumchen nur einen Zentner
trägt und der Zentner fünfundzwanzig Mark bringt, können Sie ausrechnen,
was ein Züchter einnimmt, der hundert Bäume besitzt. Vor dem Kriege
gingen Flugzeuge von Bühl nach London, und die Gäste des Savoy bekamen
beim Dinner Zwetschgen, die in der Frühe noch am Zweige hingen. So
weit sind wir noch nicht wieder, aber. . .
Im dritten Teil des Romans taucht ein Mann auf, ein Maler, der aus Zufall
und Neigung hier zum Antiquar wird:

Wirte, Küster, Lehrer, Bürgermeister wurden systematisch nach Holzfiguren
gefragt. Im Herbst standen sechs Madonnen in seinem Schuppen, inmitten
von Barockschränken aus Kastanienholz, Schlaguhren in hohen, schmalen
Gehäusen, Ohrensesseln, Biedermeiersofas, Monstranzen und Porzellan des
achtzehnten Jahrhunderts. Bei den Geldverdienern am Main und am Rhein
waren Autotouren ins Badische beliebt und die Nachfrage nach Möbeln groß.
Zwei Baden-Badener Händler standen in Verbindung mit Manners . . .
Es gehört mit in den Umkreis dieser Betrachtung — und erst recht mit in die
Psychologie des Romans ■—, wenn da und dort religiöse Fragen aufklingen: wer

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