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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
36. Heft.1956
Seite: 170
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des Ostchores bei. In Surburg wurde Ende des 12. Jahrhunderts dem
Chorquadrat eine Apsis angebaut, Speyer erhielt die mächtige Ost-
konche beim Umbau von 1106 und Mainz beim dritten Umbau um
110010).

In der Vollreile bemühte sich die Romanik nicht mehr um die ängstliche
Wahrung von schematischen Baugesetzen. Ihre freie Höhe wurde
die schaffende Kraft der Auferstehung, die sich in den herrlichen Stauferbauten
von Basel bis Köln offenbart. Diese freie Loslösung von den
sakralen Baugesetzen wurde von der Hirsauer Klosterobedienz zurückgeschraubt
,,zur Abkehr von der künstlerischen Augenlust". Westchor,
Krypta und Einwölbung fallen weg. Dagegen fand das Ostwerk eine
eigenartige Auflösung; der übernommenen Hauptapsis wurden dämmerige
Nebenapsiden angegliedert, und zwar für sakrale Andachten
und Bußübungen. Und gerade dadurch vereinigten sich baulich die
abstrakten Kuben mit geradezu körperhaften und sinnlich frohen und
schwellenden Wölbungen17).

Ein einzigartiges Beispiel hierfür ist das Schwarzacher Ostwerk.
Wohl ist hier der Kern der alten wuchtigen Vierungsformen wieder
lebendig geworden; und Schwarzach hat ihn nie verleugnet und
wurde darum durch seinen gewaltigen, kubischen Vierungsturm
eines seiner wenigen Beispiele. Dieser Vierungsturm erhielt nach
dem Brand von 1299 nur spitzbogige, doppelteilige Schallfenster; dagegen
sein kubischer Baukörper und sein in den Massen klassisches
Pyramidendach wurden nicht angetastet und bewahrten dem Klostermünster
etwas derartig Ergreifendes und Zeitloses, daß man es
mit Recht „eines der besten und interessantesten Denkmäler romanischer
Kunst genannt hat"18).

Am Schwarzacher Vierungsturm setzt eine fast einmalige Abstufung
ein von herber Schönheit und erhabenster Ruhe. Das Chorquadrat
, die beiden Querschiffarme und das mächtige Langhaus legen
sich als weitausgreifender Komplex dem Vierungsturm zu Füßen,
sind aber selber wieder Giganten in ihrer freien Höhe. Sie selber
weiten sich wieder in einer zweiten Abstufung aus in den Seitenschiffen
sowohl des Langhauses wie des Chorquadrates. Dieser dadurch
entstandenen dreifachen Abstufung entspricht auch ein dreifaches
Abgleiten der Dächer. Umgekehrt ist der Aufstieg wie das
Losreißen von erdnaher und erdbeladener Schwere und wird dann
ein Ringen und Recken nach der Höhe, wo in Licht und Luft der

") Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, III., IV A. u. B.
17) Lützeler, Die christl. Kunst des Abendlandes, II., 2.
") Sauer, Die Abteikirche in Schwarzach, Fr.D.A.N.F.B. 5.

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