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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
37. Heft.1957
Seite: 25
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1957/0027
den Balthasar Neumann in den ebenfalls romanischen Domen zu
Worms und Würzburg erstellte.

Der Schwarzacher Hochaltar ist 18 Meter hoch und stand bis zur
Renovation (1888—1897) nicht im Chor selber, sondern vor dem
Chorquadrat. Seine fast atemraubenden Dimensionen rissen einst den
ganzen Kräftestrom des Innenraumes mit hinein in die barocke
Höchststeigerung einer Darstellung der Unendljchkeitsvision. Zwölf
Meter hohe Säulen und Pilaster tragen ein sechs Meter hohes Baldachingebilde
, das sich aus riesigen Rocaills zusammenfügt und die
Spitze mit dem Abtswappen umlegt auf die Holzdecke der Vierung.
In einsamer, weit übermenschlicher Größe steht unter dem Baldachin,
ehedem vor den samtnen Falten eines goldbraunen Vorhanges,
Maria, umzuckt von den Strahlen einer vergoldeten Mandorla und
umflattert vom blendenden Weiß des Mantels. Sie schwebt mehr als
sie steht und hat die Weltkugel und die Schlange zu ihren Füßen.
Der Kopf ist zurückgelehnt, und der Blick ist versenkt in die Unaussprechlichkeit
Gottes. In der Hand trägt sie das Lilienszepter. Die
dargestellte Vision ist Größe, ist die Erfüllung vom ersten Sinnbild
des zwölften Kapitels der Geheimen Offenbarung. Zwei schwebende
Engel halten die Falten einer Vorhangdraperie, als würden sie die
Schleier der Ewigkeiten öffnen. In ferner Höhe, unmittelbar unter
dem Krönungsbaldachin, thront das Geheimnis der göttlichen Dreifaltigkeit
. Die ringsherum kreisenden, fliegenden, jubelnden Engelscharen
bilden gleichsam jene zerfließende Gloriole, die bei Grünewald
die Farbenskala ist. Etwas vom letzteren war auch dem freistehenden
, ungewohnt durchbrochenen Altar durch die Lichtfluten
des großen Chorraumes dahinter gegeben. In schmalgeöffneten Seitenräumen
stehen auf mächtigen, weit vorragenden Postamenten die
Patrone der Kirche, Petrus und Paulus, als ergriffene Zeugen der
Ewigkeiten. Einst klang der Aufbau vor den Vierungspfeilern aus
nicht in unruhigem Zerflattern, sondern im nochmaligen Aufstieg
von je einer korinthischen Riesensäule. Gleichsam in ihren Schatten
und viel tiefer als die Apostelfürsten standen St. Benedikt und
St. Scholastika, still, in sich versunken. Die Farbensymphonie des
Ganzen war seltsam ruhig — grüngelbe Marmorierung, weiß und
gold. Und doch trat hier an die Stelle der einstigen glückseligen
Gottesbegegnung der mittelalterlichen Kunst die Ekstase der vertikalen
Steigerung, als wollten die Urkräfte den Himmel sprengen.

7.

Der Schlußakkord der Schwarzacher Kunstgeschichte ist seltsam
zart und zuletzt voll zerbrechender Tragik. Die Reste vom einst so

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