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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
37. Heft.1957
Seite: 37
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Geradezu tröstlich in dieser Flut fremdländischen Wesens ist die Schaffung
eigengesetzlicher Haubenformen in Deutschland, die ziemlich ausschließlich von
deutschen Frauen getragen wurden und als deutsche Mode anzusprechen sind.

Eine grundlegende Wandlung der Anschauungen über die „Stilisierung" des
menschlichen Körpers kam vermutlich aus den Kreisen der Kriegsmannen des ausgehenden
XIV. Jahrhunderts.

Treten wir nun ein in die Betrachtung der hauptsächlichsten Erscheinungen der
Mode.

Es wäre ein Unding, von einer Mode schon bei den Germanen sprechen zu
wollen, die man sich übrigens fälschlicherweise ausschließlich in Tierfelle gehüllt
vorstellt. Sie hatten die Verwertung von tierischen und pflanzlichen Fasern schon
um 2000 v. Chr. so hoch entwickelt, daß die unter Verwendung von Schere und
Nadel hergestellte Gewandung charakteristischen Schnitt im Sinne der Tracht
aufweist. Sie behielt die Merkmale der Volkstracht, bis sie durch die intensive
Berührung mit fremden Völkerschaften — besonders durch die Völkerwanderung
— erhebliche Unterschiede zwischen der Kleidung des Volkes und
derjenigen der Angehörigen der Hofhaltungen zeitigte. Noch zur Zeit der Karolinger
spricht ein Schriftsteller von der „gemeinen Tracht des Volkes" im Gegensatz
zur Kleidung der Adligen, deren Männerkleidung zu den Bestandteilen germanischen
Ursprungs hauptsächlich römische Formen fügte, während die Frauenkleidung
die germanische Tracht nahezu vollständig durch römische Gewandung
ersetzt hatte. Charakteristisch aber bleibt die gegenseitige Abstimmung der adligen
Männer- und Frauenkleidung wenigstens in der Farbe. Jedenfalls sind in diesem
Zeitalter die ersten Anzeichen modischen Wechsels bemerkbar.

Zur Zeit des Minnesangs, der Herausbildung höfischer Umgangsformen,
löst sich die adlige Männerkleidung in Angleichung an die Frauenkleidung — die
Männer tragen den langen Rock der Frauen, nur fußfrei und ohne Schleppe —
völlig von den Resten der germanischen Tracht, die gegenseitige Abstimmung erstreckt
sich jetzt auch auf die Form der Männerkleidung. Dies zeigt sich besonders
deutlich in der burgundischen Mode; in der Erkenntnis, daß die Schulter-,
Ellbogen- und Kniegelenke für das Kriegshandwerk besondere Beweglichkeit erforderte
, schlitzte man — wohl auch in kluger Auswertung der Erfahrungen über
die Abnützung der Kleidung an den genannten Stellen — diese quer und längs
auf und unterlegte sie mit weißem oder buntem Futter so, daß dieses aus den
also geschaffenen Öffnungen bauschig hervorquoll. Auch die Ärmel, die vom
Strumpf gelösten Hosen und die Wämser samt dem eben aufgenommenen Barett
und die jetzt weit ausgeschnittenen, breitgeformten Schuhe behandelte man in
dieser Manier. Diese ausgesprochen deutsche Mode, von Männern ersonnen, machte
sich zwar auch das Bürgertum zu eigen, sie drang in die höchsten Kreise, doch in
feinerer Form, zum Teil auch übersteigerten Ausführungen, vor. Sie hielt sich
freilich nicht gar lange, doch blieb in der Mode der nächstfolgenden Jahrzehnte
das bequeme Tragen der Kleidung leitender Gedanke, was sich bei den Männern
in der Beibehaltung der Trennung von Hose und Strumpf und des breiten
Schuhes zeigt.

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