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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
37. Heft.1957
Seite: 53
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sein könnten, die Beginen — die Laienschwestern — die Armen im Spital und
die Veitsiechen vor der Stadt — die Aussätzigen im Gutleuthaus — besonders
berücksichtigt werden. Solches ist an der Kanzel öffentlich zu verkünden. Das
Original dieser Urkunde, auf Pergament aufgezeichnet und mit dem Siegel der
Stadt Baden versehen, befindet sich im Generallandesarchiv in Karlsruhe.

Dieser Urkunde ist nun einiges zu entnehmen über die caritative und fürsorgerische
Tätigkeit einer Bruderschaft: sie bestand im Almosengeben. Bezeichnend
ist aber, und das sagt dieses Pergament, in welch peinlich genauer Weise
die Verteilung des Almosens geregelt wurde. Die Bruderschaften waren also nicht
nur kirchlich-religiöse Vereinigungen, sondern erfüllten zugleich auch Aufgaben,
die heute vom Wohlfahrtsamt und den Wohlfahrtsverbänden übernommen werden
— ja, man kann sagen, daß aus historischer Sicht heraus die heutigen
Wohlfahrtsverbände, sowohl die konfessionellen wie die freien, eine Art Nachfolgeorganisation
jener mittelalterlichen Bruderschaften der Sache nach darstellen.

Anscheinend war die Verteilung der öffentlichen Almosen am Ende des 15. Jahrhunderts
in Baden noch vorwiegend Sache der Bruderschaften. Wenn wir nachher
die „Ordnung des Bettelvogts zu Baden vom Jahr 1528" hiermit vergleichen,
so werden wir erkennen, wie in den Jahren um 1500 sich eine Verlagerung von
einem zwar organisierten, aber immer noch wesentlich privaten Almosengeben
zur amtlichen Funktion vollzog, durch besondere kommunale Ordnungen geregelt
. Denn im 16. Jahrhundert zeigt sich nun mehr und mehr das Bestreben,
Aufgaben der allgemeinen Wohlfahrt und der Fürsorge für die Armen, für die
Bettler durch eine weltliche Organisation durchführen zu lassen, ohne aber die
unmittelbare und mittelbare kirchliche Caritas zu beseitigen.

Dazu mögen zum Teil recht verschiedene Ursachen beigetragen haben: einmal
die nunmehr mit dem Aufkommen der reformatorischen Bestrebungen problematisch
werdende Situation kirchlichen Lebens überhaupt; es kommt für unser
besonderes Thema hinzu, daß das nun anbrechende neue Jahrhundert stark von
Sozialrevolutionären Ideen erfüllt ist — es seien nur die Bauern-Bewegung des
Bundschuh und der 1525 ausbrechende und so tragisch endende Bauernkrieg genannt
und insbesondere die religiös und ökonomisch und politisch durchaus revolutionären
Aufstände der Wiedertäufer, die weitgehend rein kommunistische
Vorstellungen über die Form einer neuen Gesellschaftsordnung hatten. Ebenso
darf man an die Entwicklung denken, welche zu größeren fürstlichen Territorialbildungen
drängte und hiermit die Anfänge einer Bürokratie entstehen ließen,
ausgedrückt durch eine planmäßige Reglementierung des öffentlichen Lebens in
seiner wirtschaftlichen und sozialen Struktur, auch der Durchbruch der juristischen
Auffassungen des römischen Rechts gehört hierzu — die Regierung des
Markgrafen Christoph ist ein besonders bedeutsames Beispiel für diese Entwicklung
.

Es ist kurz gesagt die Zeit, da die Fürsten auf fast allen Gebieten des wirtschaftlichen
und sozialen Lebens „Ordnungen" erlassen, da bis zu einem gewissen
Grade der Gedanke einer Planwirtschaft im wirtschaftlichen Leben und
einer allmählichen Bürokratisierung des sozialen Lebens Raum gewinnt. Auf dem

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