Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
37. Heft.1957
Seite: 54
(PDF, 59 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1957/0056
caritativen Gebiet zeigt sich diese Entwicklung etwa in dem Erlaß von Bettelvogtsordnungen
, wodurch mehr und mehr an die Stelle einer persönlichen und
freiwilligen Mildtätigkeit, an die Stelle von individuellen Almosen eine von
oben her organisierte Verteilung tritt, wenn auch die Quelle der Gaben immer
noch die mildtätige Spende und die caritative Stiftung ist. Erst im 19. Jahrhundert
setzt sich dann der sozialpolitische Rechtsanspruch auf allgemeine Fürsorge
durch.

Man darf indessen in diesem Zusammenhang nicht übersehen, daß die Armenpflege
des Mittelalters ihren Ursprung und ihre Antriebskraft nicht in irgendeiner
sozialpolitischen Verpflichtung, vom Staat oder von der Gemeinde her
hatte, sondern in erster Linie und praktisch aus der christlichen Verpflichtung
zur Barmherzigkeit gespeist wurde. Es war aber nicht so sehr ein unmittelbar
individuelles und persönliches Almosengeben, sondern die mittelalterliche Caritas
war überwiegend getragen von frommen Stiftungen, namentlich im Zusammenhang
mit Seelenmessen. Nach ihrem Abschluß pflegten aus solchen Stiftungen an
die Armen, welche der Messe beigewohnt hatten, die zu diesem Zweck testamentarisch
vermachten Spenden, meist in Naturalien, verteilt zu werden, was durch
besondere kirchliche, später dann weltliche, kommunale Amtspersonen geschah.

So war schließlich die Hilfe für die Bedürftigen nicht völlig in das private
Ermessen gestellt; die Handhabung wurde in einem bestimmten Umfang und in
bestimmten Formen Sache der Gemeinde — das heißt des zu diesem Zweck
eingestellten Bettelvogts. Aber auch dann pflegte die Verteilung solcher Almosen
— aus Stiftungen oder Spenden — in der Kirche zu erfolgen, nicht etwa auf dem
Rathaus. Und dann war es nur eine Frage, in welcher Form eine solche Spende
verteilt wurde, ob die Stiftung als kirchliche galt und von einem der unteren
Kirchenbeamten zu vergeben war oder von dem für diesen Zweck eingestellten
städtischen Diener ausgegeben wurde: wie erwähnt, vom sogenannten Bettelvogt.
Er war das ausführende und verantwortliche Organ der weltlichen Sozialfürsorge.

Die dem Bettelvogt zugeteilten Aufgaben fanden, da sie in gewissem Sinne
schon bürokratisiert waren, ihren Ausdruck in „Ordnungen", in Verordnungen
und Gemeindeerlassen, in welchen die Pflichten und Rechte des Bettelvogts genau
festgelegt wurden. Eine solche „Ordnung des Bettelvogts" gab es zum Beispiel
auch in der Stadt Baden. In einer Darstellung „Über die Armenpflege vom 13. bis
16. Jahrhundert" ist sie in ihrer Fassung um das Jahr 1528 (enthalten im Statutenbuch
von Baden Bl. 250 flg.) in der Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins
1850 S. 157 ff. veröffentlicht. Sie fällt demnach in dieser Fassung in die Zeit des
bedeutenden Markgrafen Philipp von Baden, des kaiserlichen Statthalters im
Reichsregiment, drei Jahre nach dem Bauernkrieg: möglich, daß ihre Herausgabe
oder — wahrscheinlicher — die Neufassung damals besonders notwendig erschien,
obwohl an sich in der alten Markgrafschaft Baden und in ihrer näheren Umgebung
der Aufstand der Bauern keine besondere Rolle gespielt hat. Nur das
Kloster Lichtental hatte zum Teil darunter zu leiden gehabt — der mittelbadische
Aufstand hatte sich ohnehin nicht eigentlich gegen die Herrschaft, sondern fast
nur gegen die Klöster gewendet, Schwarzach war wohl am stärksten betroffen.

54


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1957/0056