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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
37. Heft.1957
Seite: 89
(PDF, 59 MB)
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ihnen der Schrecken über „Hanauisch-Sibirien" so in die Knochen gefahren? Die
fünf Kompanien bildeten nun mit 502 Mann das Bataillon Grenadiergarde9). Das
Jahr 1752 brachte die Aufstellung einer siebenköpfigen „Musikbande" hinzu.

Weiterhin vermehrte sich durch Ausmusterung und Werbung die Mannschaftsstärke
des Grenadierbataillons, bis sie 1764 die Zahl 1515 erreichte. Dazu gesellten
sich 10 Jungzigeuner, die auf Streifen im rechtsrheinischen Hanauerland aufgegriffen
worden waren. Nun ging man an die Ausmerzung all jener, die weniger
denn 5 Fuß 5 Zoll = 1,70 m — das Maß der Garderegimenter — groß waren10).
Der Erbprinz wünschte, möglichst viele Leute von stattlicher Leibeslänge in seiner
Truppe zu sehen und wies daher seine Werber an, aufgeschossene Kerle gegen
Reichung ziemlichen Handgeldes einzufangen. Die meisten dieser „Söldner" hatten
bereits anderswo gedient, stachen mächtig von dem gemeinen Haufen der ausgehobenen
Bauernburschen ab und bildeten daher ein Sondervölklein. Damals
vollzog sich auch eine eigenartige Scheidung innerhalb des Offizierkorps. Da viele
von der Pike auf gediente tüchtige Offiziere das Bataillon verließen, um bei anderen
Fürsten ihr Glück zu versuchen, verlangte der Erbprinz von allen eine
schriftliche Ehrenerklärung, daß sie ihm lebenslang ihre Kräfte widmen wollten.
Die adeligen Offiziere kehrten daraufhin dem Bataillon den Rücken, und Ludwig
hielt sie in seiner Abneigung gegen den Adel nicht. Seine Offiziere waren daher
bürgerlicher Herkunft und aus dem Unteroffizierstande hervorgegangen. Stattliche
Erscheinung und strammes Auftreten waren neben einem hellen Kopfe ausschlaggebend11
). Hochfürstliche Durchlaucht hatte ein scharfes Gedächtnis und
kannte seine Grenadiere mit Namen. Seine leidenschaftliche Soldatenfreundlichkeit
führte dazu, ihnen jeden möglichen Wunsch zu erfüllen. Wer einen „Vetter"
zu Pirmasens, d. h. bei den Grenadieren hatte, konnte vieles erreichen.

Durch jahrelanges Aufstauen von „Überzähligen" war 1769 eine Neueinteilung
des Bataillons in zwei Bataillone zu je fünf Kompanien — das Leib-
Grenadier-Garde-Regiment — ermöglicht worden. Dem Dienst der
Grenadiere zugrunde lag das 1749 erschienene „Reglement Vor das Hochfürstlich-
Hessische Bataillon Grenadier-Guarde" usw. In dieser Dienstvorschrift forderte
Erbprinz Ludwig ganz moderne Dinge. So verlangte er darin neben dem guten
Beispiel der Oberoffiziere vornehmlich die Weckung des Ehrgefühls beim ge-

*) Aus den Tagebüchern des Erbprinzen: „1746 wurden aus der hiesigen und überrheinischen Garde
5 Kompagnien gemacht und waren stark mit einem Zuwachs von 154 Mann — 297 Mann. 1747 sind die
überrheinischen Garden anhero marschiert und waren mit dem Zuwachs von 205 Mann = 502 Mann."
Dieser Zuwachs stammte wohl aus dem rechtsrheinischen Hanauerland. Damit stimmt auch die Nachricht
unserer Pfarrchronik überein, daß 1749 bereits einige hundert Bürgersöhne aus den
Ämtern Lichtenau und Willstätt zu Kriegsdiensten ausgezogen worden waren. Viele Burschen machten
sich aus Furcht, mit Gewalt zum*Militär gezwungen zu werden, rechtzeitig aus dem Staube.

ie) 1 Fuß = 12 Zoll, 1 Zoll = 12 Strich. Jedes Land hatte sein eigenes Maß. Der Erbprinz gebrauchte
den preußischen Fuß — 0,31385 m.

n) So war Leutnant Bernhard Müller, seit 1741 in erbprinzlichen Diensten, vorher in österreichischen,
Schneider gewesen. 1780 Generalmajor; Größe 1,77 m.

Joh. Georg Höfle, ein Strohschnitter aus Schwaben, hatte zuvor 18 Jahre bei der preußischen Garde
zu Fuß gedient, Eintritt 1741 als Sergeant, 1769 Generalleutnant, 5 Fuß 15 Zoll = 1,96 m groß.

Bernhard Wendce aus Bremen, ein Zimmermann, 1742 Grenadier, 1769 Generalmajor, 1780 General,
leutnant, maß 5 Fuß 11 Zoll = 1,86 m.

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