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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
37. Heft.1957
Seite: 110
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wöchiger Zwangsarbeit bis zur Landesverweisung und Verurteilung zur Galeere.
Am schwersten belastet waren Jakob Schoderer und Hans Breitbeil. Von diesen
beiden war damals nur noch Schoderer in Schuttern, während Hans Breitbeil bereits
seine siebenjährige Galeerenstrafe verbüßte. (Er war es, der, wie sich bei der
gerichtlichen Untersuchung herausstellte, den verhängnisvollen Schuß auf den
Schutterzeller Gemeindeschmied abgegeben hatte.) Auch Hans Schmidlin fehlte.
Er war vor drei Jahren aus dem Gefängnis ausgebrochen und seitdem spurlos verschwunden
. Franz Breitbeil und Martin Walther saßen zu Innsbruck im Gefängnis
. So befanden sich anfangs Juni 1716 nur noch sieben der Verurteilten in
Schuttern. Von diesen flüchteten drei in den Tagen kurz vor der Exekution. Jakob
Schoderer sperrte am Tage zuvor seine Frau in die Stube, verrammelte die Tür
und machte sich davon. Die Husaren stellten am andern Tag fest, daß sich
Schoderer „dergestalten von Schuttern entfernt, daß er allda nicht mehr anzutreffen
gewesen". Auch Andreas Bruch hatte das Weite gesucht. Als die Husaren,
die ihn abholen sollten, an die Haustür klopften, öffnete sich ein Spalt. Sofort
aber wurde die Tür wieder zugeschlagen und von innen verriegelt. Die Husaren
schafften sich mit Gewalt Eingang, fanden aber trotz genauester Untersuchung
niemand mehr im Haus. Nur vom hinteren Teil des Daches baumelte ein Strick
herab, und so meldeten die Husaren, sie vermuteten, „daß sich selbiger an berührtem
Seil heruntergelassen". Desgleichen fand man Lorenz Wagner nicht vor.
Doch stellte sich dieser am Abend ein, so daß man glücklich fünf von den Verurteilten
beisammen hatte, und an diesen sollte vor versammelter Gemeinde Recht
und Spruch ergehen.

Am 17. Juni, 10 Uhr, läuteten die Glocken, und dann bewegte sich ein seltsamer
Zug nach dem Platz vor der Gemeindestube: zehn Husaren zu Pferd, an
ihrer Spitze der Regimentsrat Georgius Antonius Vicary, vier Hartschiere folgten
zu Fuß, es kam der Scharfrichter mit den Verurteilten, dann folgten die Klosterbeamten
und weitere Personen. Am Platz vor der Stube wurden dann die Namen
der Schuldigen verlesen und die über sie verhängten Strafen bekanntgegeben.
Jakob Schoderer erhielt lebenslängliche Landesverweisung für alle österreichischen
Gebiete. Aber der Delinquent war nicht zur Stelle. Man wußte sich zu helfen.
Er wurde symbolisch oder, wie man das auch nennt, „in effigie" verurteilt. Das
ging folgendermaßen vor sich: Aus zurückgelassenen Kleidern von ihm wurde
eine Gestalt ausgestopft. Diese bekam einen Zettel um den Hals mit dem Namen
„Jakob Schoderer", und der Scharfrichter stellte sie eine Stunde lang am Pranger
aus, um sie dann auf einem Schubkarren an die Landesgrenzen zu führen. Da
es sich hier um ein kulturgeschichtliches Kuriosum handelt, sei die betreffende
Aktenstelle mitgeteilt. Sie lautet: „An dem zur Exekution angesetzten Tag wurde
erstlichen das mit des Jakob Schoderers eigenen Kleidern angefertigte und ausgefüllte
Bildnis mit einem auf der Brust Jakob Schoderer' überschriebenen Zettel,
so recht scheußlich anzusehen gewesen und bei den Gemeindsleuten sowohl als
auch bei der um die Gemeindsstuben, wo die Exekution vorgenommen worden,
häufig versammelten Jugend eine größere Impression und Schrecken als dessen
persönliche Gegenwart verursacht, eine Stund lang durch den Scharfrichter an

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