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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
38. Heft.1958
Seite: 48
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1958/0050
Dieses vernichtende Urteil, das August Wiedemer, der Bürgermeister der Reaktionszeit
, über den Gemeinderat der Revolutionsjahre gefällt hat, erscheint uns
ungerecht. Wohl haben auch wir in den zurückliegenden Jahren die Erfahrung
gemacht, daß sich einer Umsturzbewegung auch zweifelhafte Menschen anschließen,
die ihren eigenen Vorteil suchen. Dies dürfte jedoch für die Männer, die Wiedemer
in seinem Schreiben angeprangert hat, nicht zutreffen. Wenn wir Rees Verteidigungsschrift
vom 6. Januar 1850 lesen, gewinnen wir die Überzeugung, daß
diese Gemeinderäte angesehene Bürger waren, die aus einem politischen Idealismus
heraus für ein demokratisches Deutschland gekämpft und große Opfer auf
sich genommen haben. Und Ree selbst ist eine der lichtvollsten Gestalten der
Offenburger Geschichte. Die Erklärung, die er nach seiner Wahl 1845 an den damaligen
Gemeinderat gerichtet hat, und seine Haltung in den Revolutionsjahren
kennzeichnen ihn als einen Mann von vornehmer Gesinnung, hervorragender Bildung
, Besonnenheit und Toleranz, der die Männer seiner Vaterstadt mit Staatsgesinnung
erfüllen und sie zu verantwortungsbewußten Bürgern erziehen wollte.
Aus seiner Verteidigungsschrift geht auch hervor, daß Wiedemer jahrelang ein
persönlicher Gegner mehrerer Gemeinderäte war. Er hat die Urkunde, aus der ein
unversöhnlicher Haß spricht, allein unterzeichnet und hat sie wohl auch aufgesetzt
. Wahrscheinlich hat er von seinem Tun keinem Menschen Kenntnis gegeben
und sein Schreiben ohne Wissen anderer in die Kassette gesteckt. Offenbar war es
ihm darum zu tun, die Namen seiner policischen Gegner auch in den Augen der
Nachwelt zu beflecken. Wir werden es hier mit einem persönlichen Racheakt zu
tun haben.

Daß es den verantwortlichen Männern der Reaktionszeit nicht leicht gefallen
ist, auf Ree zu verzichten, zeigen die Ratsprotokolle. Am 5. Juli 1849 erklärte
Ree in einer Gemeinderatssitzung, daß er „in Rücksicht auf die vier schweren Jahre
seiner Verwaltung, mit Berücksichtigung, daß die Gefahr für unsere Vaterstadt,
welche in diesen Zeiten wiederholt so nahe lag, beseitigt erscheint, in Erwägung
der vielfachen Bestrebungen, die bestehende Gemeindeverwaltung zu sprengen,
und in Betracht der mancherlei Schikane, welche seiner Dienstführung und der
Durchführung seiner Absichten für das Wohl der Gemeinde entgegengesetzt werden
, von der Stelle des Bürgermeisters zurücktreten" wolle, und bat um seine
Entlassung. Während der Sitzung traf das Schreiben des Oberamts ein, nach dem
die Gemeinderäte Geck, Kappler, Schmiederer, Stigler, Rehmann, Stricker, Bährle
und Pfitzmeier sowie Ratschreiber Kornmeier einstweilen ihres Dienstes enthoben
wurden. Eingesetzt wurden die Altgemeinderäte Kiefer, Huber, Billet, Wiedemer,
Fischer, Alexander Gottwald, Handelsmann Theodor Walter und Gerbermeister
Bühler. Von diesem provisorischen Gemeinderat und dem Bürgerausschuß wurde
Ree am Tage darauf „dringend gebeten, in dieser ernsten Zeit von seinem gefaßten
Entschluß abzustehen und um so mehr von seinem Vorhaben Umgang zu
nehmen, als diesen Wunsch gewiß die ganze Bürgerschaft mit dem provisorischen
Gemeinderat und Bürgerausschuß teile". Ree blieb im Amt, bat aber um eine neue
Bürgermeisterwahl. Am 23. Juli wurde Wiedemer als dienstältester Gemeinderat
als Dienstverweser verpflichtet.

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