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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
38. Heft.1958
Seite: 78
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Indikativ. Stünde statt ROTAS der Konjunktiv ROTES, dann könnte dies als
Imperativ aufgefaßt werden." In einem an mich gerichteten Schreiben vertritt er
folgende Überzeugung: „Der Bühler Heimatforscher wird recht haben: Der
Schöpfer erhält seine Werke, es erhält seine Werke der Schöpfer (oder indirekt
die Werke seiner Geschöpfe, z. B. Haus)."

Eine Zusammenstellung aller Deutungsversuche der Satorformel wäre dann
lohnend, wenn sie die Lösung des Rätsels erbrächte.

Die Satorformel ist eine der am weitesten verbreiteten Zauberformeln. Der im
5. Jahrhundert lebende Bischof Apollinaris Sidonius nannte derartige Sprüche, die,
von vorn und rückwärts gelesen, die gleichen Worte ergaben, Palindromen. Eine
Deutung hat der Bischof offenbar nicht versucht oder nicht gefunden, sie blieb
dem Bühler Redner vorbehalten. Man findet die Formel in lateinischen, griechischen
, koptischen und deutschen Buchstaben geschrieben. Sie wurde ursprünglich
und auch noch im 18. Jahrhundert als Amulett getragen. Das älteste uns erhaltene
Sator-Amulett ist aus Bronze, es wurde in Kleinasien gefunden und stammt aus
dem 4. bis 5. Jahrhundert. Außerdem findet sie sich in vielen Papyris. Ihre Verbreitung
läßt sich durch ganz Europa bis zum höchsten Norden und selbst bis nach
Amerika verfolgen. Die Sator-Amulette waren Schutzmittel gegen Hexerei und
Teufelswerk. In Süddeutschlarad gab man die auf Papier geschriebene Formel dem
Vieh gegen Behexung zu fressen. Mir gelang es als ganz jungem Buben ums Jahr
1885 in Fürstenberg bei Donaueschingen, eine „Braucherin" bei solcher Beschwörung
zu belauschen: sie steckte das zusammengeknüllte Papierblättchen unter
mir unverständlichen Worten der behexten Kuh in eines der Nasenlöcher, zog
es wieder heraus und vergrub es im Misthaufen. Unter verschiedensten Anwendungen
wurde die Formel auch als Heilmittel bei Tieren, weniger häufig bei
Menschen gebraucht, auch in Italien und in Serbien. In Island diente die Formel
1475 bei der Geburtshilfe. In Brasilien brauchte man sie gegen Schlangenbiß. Auch
bei den Arabern und Äthiopiern war sie bekannt.

Das Germanische Museum in Nürnberg besitzt eine aus dem 7. Jahrhundert
stammende Messingscheibe von 6 cm Durchmesser mit der Satorformel auf beiden
Seiten wie bei den Feuertellern. Dieser Umstand und auf der Scheibe angebrachte
Symbole kennzeichnen sie als „Feuerscheibe". In diesem Zusammenhang sei erwähnt
, daß eine behördliche Anordnung in Sachsen vom Jahr 1792 gebot: Die
Satorformel sei mit frisch geschnittenen Federn in neuer Tinte auf den Grund von
zum Essen benützten Tellern zu schreiben. Diese sollten bei Feuersbrunst im
Namen Gottes ins Feuer geworfen werden, erforderlichenfalls zu dreien Malen.
Ein Vorrat solchermaßen beschriebener Teller war von den Bürgermeistern, den
Schultheißen und den Gerichtsschöffen stets zu halten . . .

Die von vielen Forschern versuchte Deutung der Satorformel wurde durch zahlreiche
zum Teil fehlerhafte Variationen erschwert. Da das Untersuchungsergebnis
des Bühler Forschers nicht gedruckt wurde und das Protokoll über seinen Vortrag
viele Jahrzehnte im Versteck lag, gingen die Deutungsversuche weiter. Auch dem
tief schürfenden Volkstumsforscher Dr. S. Seligmann, Hamburg, war bis 1913
kein Erfolg beschieden.

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