http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1958/0096
Die Frau vergeht in wildem Weh —
zu hoch der Preis, den sie bezahlte.
Sie greift den Schatz und wirft ihn jäh
hinunter auf die öde Halde.
Wie doch das viele gelbe Gold
auf Stein und Moos, durch Dorn und Schlehen
hell in der Sonne blitzend rollt —
sie mag es nicht mehr sehen ...
Sie gräbt die Wüstung um und um
und gibt der unfruchtbaren Erde
mit schmalen Lippen, bleich und stumm,
was ihr von Anbeginn gehörte.
Noch immer klagt sie um ihr Kind,
ums Kind nur kreisen die Gedanken,
sie sieht nicht, wie im Frühlingswind
am Hang schon grüne Halme wanken.
Um Sonnwend, just zur selben Stund',
findt sie die Zauberhöhle offen —
Im Golde spielen Kind und Hund,
die arme Mutter ist betroffen.
Das Büblein lacht sie selig an
und weiß nicht, was mit ihm geschehen,
da bricht der fürchterliche Bann,
es will ihr Herz vor Glück vergehen.
Sie sieht nicht mehr den kalten Glanz,
der rings aus allen Ritzen regnet.
Ihr ist der Mütter Strahlenkranz
im Wunder neu begegnet.
In ihren Armen jauchzt das Kind
und ihr geschenkt zum zweiten Male.
So schreitet nun die Frau geschwind
hinab zum nahen Brandmattale.
Gott! Hört das Wunder nicht mehr auf?
Rings um die kleine, schiefe Hütte
wogt's silbern an dem Hang herauf,
ein Kornfeld rauscht in voller Blüte.
Wo auf die ödung einst ihr Gold,
im Zorn ob dem verfluchten Segen,
mit falschem Glitzern hingerollt,
reift ihr das Brot wie gottgewollt
dem nahen Erntetag entgegen.
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