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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
38. Heft.1958
Seite: 174
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Seitentälern des Schwarzwaldes sitzen, auf eine vorgermanische Bevölkerung geschlossen
. Uberprüft man nun auf Grund solcher Eigenheiten die Bewohner unseres
Tales, so findet man drei Typen vor. Zunächst mal groß gewachsene Gestalten mit
schmalem Gesichtsprofil, sie verraten germanischen Einschlag. Dann begegnet man
auch kurz gebauten Gestalten mit rundem Kopf, manchmal auch mit dunklem Haar
und Auge, Kennzeichen eines anderen Menschenschlags. Schließlich scheinen sich
beide Formen gemischt zu haben zu einem Typ mittlerer Art. Wenn man diese
Feststellungen auf einen geschichtlichen Nenner bringt, wird man sagen können,
daß auch in unserem Tal eine vorgermanische Volksschicht vorhanden war. So
versteht man, wie in den ursprünglichen Namen des Dorfes negelwilre das nicht
deutsche negel hineinkam. In der Völkerwanderungszeit kamen Menschen germanischer
Prägung ins Tal, sie mischten sich mit der einheimischen Bevölkerung,
ohne deren Merkmale aufzusaugen. Körperliche und geistige Eigenschaften bleiben
nach den Mendelschen Forschungen unbegrenzt erhalten.

Alte Familiennamen sind für eine Dorfchronik auch wertvoll. Wenn so manche
Familien den gleichen Namen tragen, ist das ein Hinweis, daß dieser Name alt ist.
Lateinischen Ursprunges sind die Namen Maier, kommt von maior = Aufseher,
Verwalter eines Gutes; Keller von cellarius = Kellermeister, Küfer; Kist von
custos = Wächter; Seiter von sutor - Schuster; Stolz von stultus = töricht, auch
das deutsche Wort stolz kommt von stultus; Veit von dem Heiligennamen Vitus.
Wann läßt sich ableiten von vanus = eitel, Lorch von loricatus = gepanzert. Lenz
ist Laurentius. Reiß und Weiß sind wohl fränkisch, denn alemannisch müßten
die Namen Riß, Wiß lauten. Germanischen Ursprunges sind Walter von Walthari
(der tüchtig Waltende), Fritz von Frithezo (der Frieden Heischende), Blödt = zaghaft
, im Nibelungenlied kommt ein Blödelin vor. Ernst, ein urgermanischer Name,
bedeutet Kampf. Jung hat im Althochdeutschen die gleiche Bedeutung wie heute
noch. Einzelne Namen sind naturbedingten Ursprunges, z. B. Hasel (Haselnußstaude
), Steinel und Steinle (von Stein), Nesselhauf (von Nessel). Andere Namen
geben den Beruf an, z. B. Axtmann = Holzhauer, Graf = Dorfschulze, vergleiche
den Ausdruck Zehntgraf, Sackmann = Troßknecht, Gärtner = Gärtner. Auch
Ubernamen entstanden, wie Knopf wegen der kleinen Gestalt, Tränket = trinkfest,
Herzog = der Starke, Himmel = der Himmlische. Auf örtliche Herkunft weist der
Name Oser = von Oos. Ich stelle nun noch die Familien zusammen, die am
häufigsten den gleichen Namen tragen: 33 Familien gibt es, die Meier heißen; je
25 Familien haben den Namen Seiter, Fritz; 21 Familien heißen Keller; je 19 Familien
heißen Hasel, Jung, Velten; je 16 Familien heißen Blödt, Himmel, Knopf;
11 Familien nennen sich Steinel.

Auch Flurnamen können beitragen, das Dunkel der Vergangenheit zu lichten.
Leider ist ihre ursprüngliche Form allzuoft entstellt, abgeschwächt, so daß es
schwer ist, ihnen ein Geheimnis zu entlocken, öfters begegnet man Zusammensetzungen
mit berg. Es gibt den Altenberg und den Neuenberg, die eine Rebkultur
wurde früher angelegt als die zweite. Der Umfang der Rebanlage kommt zum
Ausdruck im Wort Gänsberg, d. h. der Berg wurde „gänzlich" bepflanzt. Den Besitzer
deuten an die Namen Elsenberg, geschrieben auch Eitzenberg, nach der
Adelsfamilie von Eitz, die Friedrichsbühn nach einem Junker Friedrich von Röder,
Leppert, nach dem der Leppertsacker benannt ist, kommt vom germanischen Liuthart
oder Leuthart. Der Gewanname Fränkel geht zurück auf den einst hier gepflanzten
vinum francum, eine Rebsorte, die aus Gallien eingeführt wurde und einen guten
Wein (vinum nobile) lieferte. Ein Name wie Büchelberg besagt, daß vor der Rodung
hier Buchen standen, Eichwäldele deutet auf Eichen hin. Der Name Striebig ist
gleich straubig, struppig, verrät also einen Platz, wo vorher Gestrüpp stand, das
man abhieb, um Reben zu pflanzen. Burgstaden ist wohl identisch mit Burggraben.
Das alte Wort Stade bedeutet Gestade, Ufer, Rand. Der Begriff Burg war Germanen
und Römern bekannt. Die Wachttürme am limes hießen burgi. Vielleicht handelt

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