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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
38. Heft.1958
Seite: 186
(PDF, 66 MB)
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zu haben, und zwar, wie wir aus der Chronik des Jesuitenkollegs erfahren
, schon seit 1624 (vgl. Augustin Kast: Mittelbadische Chronik
für die Jahre 1622—1770. Bühl. 1934).

Hiermit treten wir in einen der geschichtlich interessantesten Abschnitte in
der Geschichte der Stadt Baden-Baden ein: es ist die Zeit der Gegenreformation
unter dem Markgrafen Wilhelm. Wenn wir die oben erwähnte Urkunde von 1656,
ohne sie vorerst näher zu betrachten, im Zusammenhang mit dieser Zeit sehen, so
wird uns erst richtig verständlich werden, aus welchen Gründen der Markgraf
selbst diese Bruderschaft ins Leben rief, und warum der Raum ihrer religiösen Betätigung
nicht mehr die Stiftskirche, sondern das Jesuitenstift wurde; auch, warum
man nicht mehr an die vorreformatorischen Bruderschaften, von denen bisher hier
die Rede war, anknüpfte. Man wird annehmen müssen, daß sie sich längst aufgelöst
hatten, daß in der Bevölkerung nach über hundert Jahren kaum mehr eine
lebendige Erinnerung an die alte Fraternitas mercatorum in Baden-Baden bestand,
kurz: es war eine neue Zeit angebrochen, und der Gestaltwandel zum Neuen prägte
sich auch auf diesem Gebiet der mittelalterlich-religiösen Gesellschaft aus und
lebte und gewann Form in einer nach den Erschütterungen des 16. und 17. Jahrhunderts
veränderten sozialen Struktur der frühen Neuzeit.

Aus der Chronik der Baden-Badener Jesuiten erfahren wir, daß die vom Markgrafen
Wilhelm ins Leben gerufene Bruderschaft eigentlich eine Wiedergründung
der Bruderschaft war, die einst in einer Kapelle der Stiftskirche bestanden hatte.
Diese Verlegung der Bruderschaft von der Stiftskirche in die der Jesuiten ist geschichtlich
von einem gewissen Symbolgehalt: in ihr kann man den Wandel der
geistlich-kirchlichen Haltung des Hofes erblicken, und zwar insofern, als offenbar
der Markgraf die Stiftskirche weniger bevorzugte als die von ihm gegründete
Kapelle und spätere Kirche der Jesuiten. Hier, bei der Societas Jesu, fand er, der
eifrige Gegenreformator, seine geistige Heimat; das Kollegiatstift, die Stiftskirche
und ihr Klerus, trat zurück gegenüber dem Jesuitenkolleg, wenn auch die uralte
Pfarrkirche, seit 1453 Stiftskirche, nach wie vor Grablege des markgräflichen Hauses
blieb. Das Gotteshaus des ebenfalls von Wilhelm gegründeten Kapuzinerklosters
spielte überhaupt keine besondere Rolle. Persona grata waren die Jesuiten am
Hof, nicht nur in jenen Tagen der Gegenreformation; sie blieben es noch lange,
bis zum Erlöschen der bernhardinischen Linie von Baden-Baden, 1771. Häufig waren
sie Beichtväter und Prinzenerzieher.

Die enge Verbindung des Markgrafen Wilhelm mit den Patres der Gesellschaft
Jesu (vgl. Haebler: Das erste Jahr der Jesuiten in Baden-Baden. ZMuK. Nr. 47,
März 1956) äußerte sich auch darin, daß der Fürst und seine ihm 1624 angetraute
Gemahlin Katharina Ursula, eine Tochter des Fürsten von Hohenzollern, in engster
geistlicher Verbindung mit den Baden-Badener Jesuiten lebten. In der oben erwähnten
Jesuiten-Chronik heißt es in dem Bericht schon vom Jahre 1624: „Sie
(die Fürstin) wandte der Gesellschaft (Jesu) ihr besonderes Wohlwollen zu. Sie
beichtete oft bei einem von unseren Priestern und ließ sich die hl. Kommunion
reichen."

Aus dem Jahre 1625 wird berichtet (ebd. S. 13): „Zunächst will ich kurz erwähnen
, daß die Gemahlin des Fürsten — ein Beweis ihrer Frömmigkeit — ihr
kostbares Hochzeitskleid uns schenkte mit der Bestimmung, es in Paramenten umzuwandeln
." Aus dem Jahre 1628 (ebd. S. 21) wird von der Umwandlung der Münze
in Baden-Baden in eine öffentliche Kapelle erzählt; es heißt dort unter anderem:
„Zu unserem Hause gehört ein recht beträchtlicher Saal, der bisher als öffentliche
Münze gedient hat; ihn wandelten wir in eine öffentliche Kapelle um, in der fortan
die hl. Messe gelesen und die Sakramente der Buße und des Altars gespendet werden
... Die durchlauchtigste Fürstin bat, es möge darin auch ein Vierteljahr lang

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