http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1959/0010
Volkskundliches Gut
in Heinrich Hansjakobs Schriften*
Von Ernst Schneider
Volkslied und Volksdichtung
Zahlreiche Stellen in Hansjakobs Schriften sind Beweis dafür, daß unser Volksschriftsteller
auch dem Volkslied seine Aufmerksamkeit geschenkt hat. Er hat es
nicht versäumt, diese Lieder in den Gang der Erzählungen einzufügen. Bald bringt
Hansjakob das ganze Lied, bald nur den Anfang: so sind wir in der Lage, für
bestimmte Lieder eine größere geographische Verbreitung und eine länger anhaltende
Lebendigkeit im Volke nachzuweisen, als dies aus den einschlägigen
Liedersammlungen möglich ist.
Hansjakob, der Freund des Volksliedes, bemerkt einmal, daß „in jener guten
alten Zeit unter unserm Landvolk noch viel mehr gesungen" wurde als heute und
daß „unsere Zeit kein einziges anständiges Lied aus dem Leben des Volkes hervorgebracht
habe, während aus den vergangenen Jahrhunderten zahlreiche auf
uns gekommen sind" (Sch II 6).
Von erzählenden Liedern, die damals gesungen wurden und „heute
längst vergessen sind", erwähnt Hansjakob „Von Toggenburg Graf Heinrich
kam", „Schön Ulrich wollt spazieren gehn" (vgl. Erk-Böhme I Nr. 42, Meisinger
Nr. 37), „Graf Friedrich wollte wiben" (Erk-Böhme I Nr. 107 c. — Wunderhorn
II [1808] S. 294); das Lied wurde aus dem obern Schwarzwald durch
v. Wassenberg an die Herausgeber des Wunderhorn mitgeteilt (Sch II 18) ohne
weitere Zusätze.
Bekannt war auch das Lied „Es steht eine Linde im tiefen Tal" (Sch II 18),
das zu den schönsten und verbreitetsten Volksliedern gehört (vgl. Erk-Böhme I
Nr. 67. — Meisinger Nr. 6. — Marriage Nr. 4).
Ausführlicher, doch unvollständig gibt Hansjakob das Lied von der Versuchung
einer Grasmagd wieder, das in vielen Lesarten bekannt ist:
Es wollt' ein Mädchen grasen,
Wohl grasen im grünen Klee;
Da kam ein stolzer Jäger,
Wollt' jagen auf der Höh'.
Er breitet seinen Mantel hin
Wohl auf das grüne Gras
Und bat das schwarzbraune Mädchen,
Bis daß es zu ihm saß.
* Siehe „Ortenau", 34., 35., 36., 37. Heft.
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