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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
39. Heft.1959
Seite: 102
(PDF, 62 MB)
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kammer Buchsweiler empfahl, auch andere Liebhaber beizuziehen. Schon vor
Monaten hatten der Schäfer8 zu Lichtenau und etliche Bauern von „Schertzach"
ihre Lust bezeigt, allein sie waren inzwischen anderen Sinnes geworden „und
mögen sich in Betracht der geldklemmen Zeit, und da die onera (Lasten) sich
täglich vergrößern und keine Knechte mehr im Land zu bekommen seyen, in diese
Last nicht stecken". Zu einer Versteigerung würden sich schwerlich Liebhaber einfinden
, „weil gar viele Lust, in Americam zu gehen, bezeugen" (Auswanderung
nach Pennsylvanien 1738 und 1749). Den Beständern, welche die Güter wohl
bauen und die Gülten ordentlich abrichten, möchte 1754 der Amtsschaffner den
Vorzug geben; aber Buchsweiler ordnete die Versteigerung an, wobei die Gülten
von 45 V. auf 90 V. 4 Sr. Korn getrieben wurden — Folgen der starken Bevölkerungszunahme
und dem dadurch verursachten Landhunger. Leider ließ die
hanau-lichtenbergische Regierung diesem verderblichen Treiben freien Lauf, denn
man brauchte Geld, viel Geld zur Aufstellung und Erhaltung der Pirmasenser
Grenadiere, einer kostspieligen Liebhaberei des Landesherrn Erbprinzen Ludwigs
zu Hessen (zuletzt 1500 und 750 Mann in zwei Regimentern). Lehnung 1762/67
bereits 180 V. 3 Sr. Korn. Nun flehte ein unvernünftiger Steigerer reumütig um
Entbindung von seiner Unterschrift, da Weib und Kind zugrunde gehen müßten.
Der Amtsschaffner stimmte zu, riet aber, den Leichtsinnigen mit einer Leibesstrafe
zu belegen. Die Rentkammer bedauerte und verwies den Bittsteller an
Serenissimi Hochfürstl. Durchlaucht. Erbprinz Ludwig entsprach dann in Gnaden
dem Gesuche (26. September 1761). Gülte beider Güter 1768/75 jährlich 191 V.
5 Sr. Korn. 1770 Mißernte, 1771 Hungerjahr, daher die große Auswanderung
nach Ungarn! Für das Mißjahr 1773 durften die Lehner erstmals die Gülte in
Geld erlegen; mittlerer Kornpreis 3 fl. 5 ß das Viertel. Gülte 1776/83 wieder
176 V. 1 Sr. Korn. Hierzu bemerkte der Amtsschaffner, es sei bekannt, daß schon
einige Untertanen des Gerichts Lichtenau wegen allzuhoch gestandener Gülte ihren
Ruin gefunden hätten, und es wäre nicht daran zu zweifeln, daß bei einer neuen
Versteigerung sich wieder solche einfänden, welche die Gültgüter im Preis hochtreiben
und zugrunde gehen müßten. Denn nach übler Gewohnheit boten auch
Mißgunst und Feindschaft mit! Achtjährige Lehnung 1784/91 gar 167 V. und 83 V.,
zus. 250 V. Korn. „Diese Gülte stehet so hoch, daß wir uns befleißigen müssen,
außer dem Korn, als welches der Boden nicht alle Jahre hinlänglich liefern würde,
auch Sommerfrüchte, Hanf und Reps, auf diesen Gütern zu erzielen, um aus dem
Verkauf die im Rückstand verbleibende Frucht in Geld berichtigen zu können."
Infolge andauernden Regens wurde 1789 wieder ein Mißjahr. Die Winter- und
Sommerfrüchte brachten nur den halben Ertrag; das Jüch Hanf, „welches der
Haupterlös für den Ackermann ist", ergab statt 400—500 Schaub nur deren 150

8) Durch Abschaffung der Brache und Einführung des Kleebaues geschah dem Schäfereibeständer
grofSer Abbruch an seiner Weide. Das Befahlen der Kleefelder von Martini bis April verursachte stets
Schaden und bereitete viel Verdruß. Von den erbitterten Gemeinden wurde 1778 der Steigschilling
von 250 fl. auf 450 fl. getrieben. Dem Drängen des Gerichts muflte die Herrschaft 1789 nachgeben und
die Schäferei aufheben. Zum Ersatz wurden nun als Schafweidzins von jedem weidbaren Stück Vieh
1 ß und von einem Tagen Matten 2 // erhoben. Der ehemalige Schäfereibeständer Valentin Specht
erhielt auf sein Haus im Vorstädtcl die Bierbrauerei- und Ausschankgerechtigkeit zum „Lamm" ver-
willigt 1794 (Krieg!).

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