Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
39. Heft.1959
Seite: 222
(PDF, 62 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1959/0224
dir meinen daß der liebe Jesus u. deine 1. Eltern recht Freud an dir haben fliehe
die Bösen Kinder die dich auch zum Bösen verleiten könen verehre täglich der
Kinder Freund der 1. Jesus u. die 1. Gottes Mutter so wirst du imer auf dem
Weg der Tugend Wandeln

gegeben den 8ten September 1847

zum Andenken deiner dich Innig geliebten Groß Mutter

Wie schlicht spricht dieser Brief zu uns heute oft so flüchtigen Menschen, und
wie hielt ihn die Enkelin in Ehren und mit dem Brief, sorgsam darin eingewickelt
die Gabe zum Namenstag, das ständige Andenken an die gute Großmutter, den
großen Silbertaler mit dem Biid des Kaisers Joseph I., säuberlich mit einem Ringle
versehen, um als Zierstück angehängt zu werden, wohl an den Rosenkranz, wie
es damals üblich war. Aber die kleine Marie hatte wohl Angst, den Taler zu verlieren
und wickelte ihn in den Brief ein und fügte ihm noch einen silbernen Taler
hinzu, wohl ein Jahr später, denn dieser Taler mit dem Bild des Papstes Pius IX.
datiert vom Jahr 1848. So liegt der Brief heute noch bei den Familienstücken
der Nachfahren und erzählt von mütterlicher Sorge und treuem Kindessinn.

Brief des Rechtsanwaltes Ludwig W o 1 f i n g e r , damals in Freiburg, später
in Kenzingen wohnhaft, vom 18. April 1848 an seine Braut und spätere Gattin
Anna Maria Krausbeck in Wolfach. (Aus der Familien-Urkundensammlung Josef
Krausbeck, Wolfach.)

Freiburg, den 28. April 1848

Liebe Nanni!

Nicht als ob ich Extra Zeit hätte, sondern ich muß wirklich die Zeit stehlen, um
Dir zu schreiben.

Den allgemeinen Hergang der ungeschlachten Ostertage hast Du aus meinen letzten
Briefen u. sofort auch aus den Zeitungen entnommen. Die Einzelheiten sind erst
seitdem bekannt geworden; jeder Einwohner hat in den 2 schrecklichen Tagen
seine besonderen außerordentlichen Erlebnisse gehabt.
Es ließe sich ein großer Roman darüber schreiben.
Vielleicht interessiren Dich meine speziellen Erlebnisse.

Am Samstag vor Ostern ging ich zum Schwabenthor Abends 8 Uhr; da fiel mich
ein Freischärler mit einer Axt u. dem Geschrei an: Du Herrgottsackerment, willst
du Pflastersteine hier herausreißen u. Barrikaden machen helfen. — Mit Noth
entrann ich dem unheimlichen Geschäft.

Am Ostersonntag flogen die Kanonenkugeln nicht weit von mir hin u. her,
während ich auf dem Lorettoberg stund; als ich um 7 Uhr Abends heim wollte,
wäre ich beinahe als Freischärler angesehen u. gefangen worden, weil in der
Zwischenzeit des Gefechts alle Zugänge von u. zur Stadt abgesperrt u. jeder Nicht
Soldat als verdächtig behandelt wurde.

Am Ostermontag kam der Generalissimus mit ein paar Freischärlern auf den
Münsterturm, während ich dort war; sie fingen an zu stürmen; nun kannst Dir
denken, welch panischer Schrecken in uns andere friedliche Menschen, die nur als

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