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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
40. Heft.1960
Seite: 116
(PDF, 128 MB)
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wesen ist. Man beachte ferner die durch eine Laube aufgelöste Dachregion und das
Abwalmen der Giebelspitze, das an der 1586 erbauten großen Metzig an der III erstmals
vorgenommen wurde und gerade in der mittleren Ortenau sehr oft nachgeahmt
worden ist (Abb. 7, 9). Ein weiteres eindrucksvolles Beispiel für den Straßburger
Einfluß auf den Hausbau ist das Bürgerhaus an der Ecke Haupt- und Metzgerstraße
in Offenburg (Bäckerei Gehring). Es ist gegen Ende des 18. Jahrhunderts im
Louis XVI.-Stil erbaut worden, in einer Zeit, in der steile Dächer nach der Art
dieses Hauses und wie sie in der mittelalterlichen Gotik üblich gewesen sind, längst
nicht mehr dem Zeitgeschmack entsprochen haben. Im 17. Jahrhundert sind in
Straßburg wohl noch Bürgerhäuser mit steilen, gotischen Dächern erbaut worden,
sie zeigen aber auf ihren Vorderfronten Stilmerkmale der Renaissance —• man
erinnere sich an die schöne Gruppe beim Münster. Diese hohen Dächer benötigte der
Bürger, um geräumige, luftige Speicher zur Aufbewahrung von Lebensmitteln für
ein Jahr zu besitzen.

Desgleichen kann das malerische Schwarzwaldhaus im Bereich der Kinzig, Rench
und Schutter und deren Nebenflüssen mit seiner spätgotischen asymmetrischen und
stark körperlichen Gliederung der Schauseite nicht ohne die Modeströmungen, die
von Straßburg ausgingen, verstanden werden.

Straßburger Vorbilder haben aber nicht nur die Architektur beeinflußt, sondern
sie haben auch die Weiterentwicklung der Hausgefüge angeregt, die zweckmäßiger,
wohnlicher und immer mehr den wechselnden Bedürfnissen angepaßt worden sind.

Endlich muß zu den Einwirkungen, welche die Entwicklung der Häuser in der
Ortenau beeinflußt haben, auch die soziale Schichtung, -die in erster Linie durch den
Erbgang verursacht worden ist, gezählt werden. Das erste und das zweite Stockwerk
sind Gebiete der Freiteilung, während im Schwarzwald die Bauern im Verein
mit den Lehensherren die geschlossene Vererbung durchgesetzt haben. Hier erbt der
jüngste Sohn, der „Hofengel", den Hof. Die Realteilung hatte kleine und kleinste
Güter, die geschlossene Vererbung große arrondierte Höfe zur Folge.

Die Kleinbauern in der Rheinebene und im Vorhügelland sowie die vorgeborenen
Söhne der Schwarzwälder, soweit diese sich überhaupt selbständig machen konnten,
und die Handwerker in allen drei Siedlungszonen können zumeist infolge Geldmangels
mit der technischen Entwicklung nicht Schritt halten. Ihre bescheidenen
Häuser behalten durch die Jahrhunderte hindurch kleine Räume; in vielen Fällen
werden sie auch zu Kümmerformen. Die Häuser dieser Bevölkerungsschicht sind
daher vielfach noch in den alten Gefügearten abgezimmert und hierdurch für die
Geschichte der Entwicklung der Hausformen von größter Bedeutung.

Betrachten wir nunmehr die alten Bauweisen der Ortenauer Häuser, die Gerüste
und die Grundrisse in ihrer Zuordnung zueinander, welche die Seele eines Hauses
und damit den Bautyp mit seinen wichtigsten Merkmalen ausmachen, so ergeben
sich in der Ortenau bis in das 16. Jahrhundert hinein dem Landschaftsaufbau entsprechend
drei Hausgebiete. Der Dreißigjährige Krieg und die ihm folgenden
Franzosenkriege haben allerdings die Grenzen der Hausgebiete verwischt, und in
den letzten drei Jahrhunderten haben sich die ursprünglichen Formen des ersten
und des zweiten Stockwerkes vermischt, so daß wir in diesen beiden Landstrichen

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