Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
40. Heft.1960
Seite: 162
(PDF, 128 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1960/0165
ein Eingreifen der geistlichen Gerichtsbarkeit erforderlich schien, eine Voruntersuchung
zu führen und nötigenfalls an Bischof oder Archidiakon zu berichten.
Statuten der Landkapitel Lahr und Ottersweier aus dem 14. und 15. Jahrhundert,
die sich erhalten haben, gewähren in diese Tätigkeit der Archipresbyterate erwünschten
Einblick. Die archidiakonalen Sendgerichte selbst fanden nur alle paar
Jahre einmal statt. Es fehlte also viel daran, daß die Archidiakonen ihren Verwaltungspflichten
innerhalb der ihnen zugewiesenen Bezirke persönlich und regelmäßig
nachgekommen wären. Gehörten sie doch, wie die Bischöfe selbst, durchweg dem
hohen Adel an und waren deshalb auch im geistlichen Gewände — das sie zudem
häufig nicht einmal trugen — von den weltlichen Interessen ihrer Familie und ihres
Besitzes keineswegs losgelöst.

Der exklusive Charakter des Straßburger Domkapitels, das dadurch mehr und
mehr zu einer Versorgungsanstalt für die jüngeren Söhne vornehmer Familien
wurde, übertrug sich zum Teil auch auf die Klöster der Diözese. Der Konvent des
Klosters Gengenbach, das sich im Anfang des 12. Jahrhunderts unter Abt Friedrich
der Hirsauer Reform zugewandt hatte, beschloß schon 1398, bürgerliche Elemente
fernzuhalten; seitdem kamen die Pläne, das Kloster in ein weltliches Stift zu verwandeln
, nicht mehr zum Schweigen. Gegen diese geistige Einstellung der Klosterinsassen
konnten auch Reformversuche wenig ausrichten. Der Bursfelder Kongregation
, die sich seit den dreißiger Jahren des 15. Jahrhunderts von Niederdeutschland
aus verbreitete und eine Rückkehr der Benediktinerklöster zur strengen alten
Regel durchzuführen suchte, gehörte zwar Ettenheimmünster schon seit ihren Anfängen
an; Gengenbach schloß sich ihr 1463 an, und am Ende des Jahrhunderts
wurde auch Schuttern durch den aus Hirsau gesandten Abt Johann von Widel gewonnen
. Aber die Strenge der Regel stand nach wie vor nur auf dem Papier. Von
dem hohen Rang, den sie in den ersten Jahrhunderten ihres Bestehens als Pflanzstätten
der Kultur eingenommen hatten, waren die Klöster längst herabgesunken.
Am deutlichsten sind die Erscheinungen des Verfalls an den Gengenbacher Zuständen
aufzuzeigen. Die Sitze im Konvent und andere geistliche Würden waren bei
den Söhnen des Adels begehrt, weil sie Pfründen und Einkünfte sicherten; die
Pflichten, die mit dem geistlichen Amt verbunden waren, suchte man gern auf
andere abzuwälzen. Schon zu Beginn des Jahrhunderts erwirkte sich das Kloster
von Bischof Wilhelm von Straßburg die Erlaubnis, die Klosterpfarreien mit Vikaren
zu besetzen, die alle Bürden des Pfarrdienstes zu tragen hatten, aber von
der dafür eingesetzten Dotation nur einen kläglichen Rest erhielten, da der Hauptteil
der Einkünfte für die Bedürfnisse des Klosters verwendet wurde. 1437 ließen
sich die Mönche gar völlig von der Pfarrtätigkeit dispensieren. Die natürliche Folge
war, daß die Stadt Gengenbach, um die Seelsorge nicht ganz im argen liegenzulassen
, 1469 eine eigne Pfründe mit Laienpatronat errichtete und so der alten
klösterlichen Pfarrei mit einer neuen städtischen Konkurrenz machte.

Auch den Pflichten des Schuldienstes entzogen sich die Mönche seit langem; ihre
Stelle vertrat ein gemieteter niederer Kleriker, der seinen Posten nur sehr mangelhaft
versah. Als aber 1495 die Stadt aus diesem Übelstande die natürliche Folgerung
zog und eine eigene Schule einrichtete, brausten die Mönche gleichwohl über

162


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1960/0165