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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
40. Heft.1960
Seite: 167
(PDF, 128 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1960/0170
um die Mitte des April das Gebiet seiner Herrschaft und nahm die Beschwerden
der einzelnen Gerichtsbezirke entgegen. Es waren in der Regel unbedeutende
Klagen rein lokaler Natur, die hier vorgebracht und überdies von der Erklärung
der Ergebenheit und Bereitwilligkeit zu weiterer Verhandlung begleitet wurden.
Nur in den Gerichten Griesheim und Appenweier wurden Forderungen gestellt, die
über den örtlichen Gesichtskreis hinausreichten und in einem gewissen Zusammenhang
mit den 12 Artikeln der schwäbischen Bauernschaft standen; aber selbst hier
war man bereit, sich auf Unterhandlungen einzulassen. Da auch Markgraf Philipp,
der anfangs im Sinn gehabt hatte, gegen die Zusammenrottungen in der Renchener
Gegend mit Waffengewalt vorzugehen, sich zu der Ansicht des Straßburger Rates
bekehrt hatte, man müsse erst eine gütliche Beilegung wenigstens versuchen, schien
noch gegen Ende des April eine friedliche Lösung des Konfliktes durchaus im Bereich
der Möglichkeit zu liegen. Indessen war es doch undenkbar, daß die Ortenau,
deren Grenzen im Norden und Süden offen waren und die von jeher mit den benachbarten
linksrheinischen Gebieten die regste Verbindung unterhalten hatte, von
einer über das ganze südwestliche Deutschland ausgebreiteten Bewegung unberührt
hätte bleiben können gleich einer abgeschiedenen Insel.

Der Umschwung vollzog sich denn auch, unter sichtbarer Einwirkung von elsäs-
sischer Seite, mit einer Plötzlichkeit, die nach den bisherigen Vorgängen kaum zu
erwarten war. Die bei Schwarzach sich sammelnden Bauernscharen aus dem unteren
Hanauerland, dem Abtsstab und der Markgrafschaft schworen zu dem großen
elsässischen Haufen; zeitweise befanden sich Tausende von elsässischen Bauern von
Wanzenau bis Röschwoog auf dem rechten Rheinufer, um die dortige Bewegung
zu unterstützen, der Sturm richtete sich zunächst gegen die Abtei Schwarzach, die
am 25. April ein Opfer der Aufständischen wurde. Das Kloster wurde vom Keller
bis zum Speicher ausgeraubt, Bibliothek und Archiv verbrannt, die beträchtlichen
Vorräte an Lebensmitteln teils weggebracht, teils an Ort und Stelle verpraßt.
Acht Tage hauste so die Willkür des Aufruhrs in den Hallen des Klosters33).

Inzwischen hatten sich auch bei Oberkirch große Bauernscharen gesammelt, die
unablässig aus der Nachbarschaft Zuzug erhielten. Mit den Renchtälern und Sas-
bachern trafen hier die Bauern des oberen Hanauerlandes zusammen, deren Führung
der Wirt Wolf Schütterlin aus Willstätt übernommen hatte. Im ganzen mochten
etwa 8000 Mann versammelt sein. Die Obrigkeit verlegte sich wieder aufs
Verhandeln. Am 27. April trafen Bernhard Wurmser und Kaspar Romler, die Abgesandten
der Stadt Straßburg, und der markgräfliche Kanzler Hieronymus Vehus
mit den Hauptleuten der Bauern in Achern zusammen. Man einigte sich darauf,
über die 12 schwäbischen Artikel, welche die Bauern zur Grundlage ihrer Forderungen
machten, künftig in Renchen weiterzuberaten und dort eine endgültige
Einigung abzuschließen. Diese Abmachung wurde, nachdem den Gesandten die
erforderliche Vollmacht erteilt war, auf alle Angehörigen des Oberkircher Haufens
ausgedehnt. Aber ehe dieser Waffenstillstand unter Dach und Fach gebracht war,
hatten sich doch auch die Oberkircher Bauern zu argen Ausschreitungen hinreißen

33) Vgl. L. Lauppe, Der Schwarzacher Haufe 1525. In: „Ortenau" 34 (1954) S. 94—99; L. Lauppc, Aus dem
Bauernkrieg, ebd. 35 (1955) S. 72—80.

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