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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
40. Heft.1960
Seite: 203
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Gegend58) niemals einen solchen Umfang und epidemischen Charakter angenommen
wie gerade gegen Ende der zwanziger Jahre des 17. Jahrhunderts, also mitten in den
Wirren des Dreißigjährigen Krieges. Wir vermögen die Anzahl der Opfer, die durch
dieses scheußliche und jedem Rechtsgefühl ins Gesicht schlagende Gerichtsverfahren
einer qualvollen Hinrichtung ausgeliefert wurden, natürlich nicht mit statistischer
Genauigkeit festzustellen, aber die von Volk dargestellten Fälle lassen immerhin den
Schluß zu, daß in den Jahren 1628 bis 1630 in der südlichen Ortenau auch der unbescholtene
Bürger jeden Augenblick der Anklage wegen Hexerei und Aberglaubens
gewärtig sein mußte und daß die Zahl der Kriegsopfer und das Maß der Kriegsleiden
durch diese Ausgeburten eines fanatischen Aberglaubens in trauriger Weise
vermehrt wurde57).

Die Bestimmungen des Westfälischen Friedens, der nach jahrelangen Vorverhandlungen
dem unseligen Völkerringen im Jahre 1648 ein Ziel setzte, sind, soweit sie
die Regelung der kirchlichen Verhältnisse und die Festsetzung der französischen
Macht am Oberrhein betreffen, auch für die Ortenau von unmittelbarer Bedeutung
geworden.

Die Religionsbestimmungen waren dank dem unbestreitbaren Übergewicht, das
die Waffen der protestantischen Partei gegen Ende des Krieges erlangt hatten, für
den neuen Glauben nicht eben ungünstig, da ihm nun endlich die Daseinsberechtigung
zugebilligt und als Norm für die Regelung der konfessionellen Verhältnisse der
Stand des Jahres 1624 festgesetzt wurde. Das letztere bedeutete insofern für die
evangelische Kirche eine besonders glückliche Lösung, als die infolge des Restitutionsediktes
von 1629 in weitem Umfang vorgenommene Rekatholisierung auf diese
Weise wieder zunichte wurde.

Es fehlte freilich viel daran, daß die Regelung der Religionsfrage in allen Territorien
getreu nach der Vorschrift des Friedensvertrages erfolgt wäre. Auch in einigen
Teilen der Ortenau war der Katholizismus, gestützt auf die eifrige Missionstätigkeit
der Jesuiten, Kapuziner und anderer Orden, mit Erfolg bemüht, sein Geltungsgebiet
über den Stand des Normaljahres hinaus zu erweitern. Völlig gelang ihm dies in
der früher rein protestantischen Herrschaft Geroldseck, nachdem der letzte Geroldsecker
im Jahre 1634 gestorben war. Die katholische Partei stand damals nach dem
Nördlinger Siege gerade auf dem Höhepunkt ihrer Macht. So konnte man es wagen,
dem Schwiegersohn des Verstorbenen, dem schwedischen General Grafen Solms, nicht
nur alle österreichischen und straßburgischen Lehen, sondern auch die Allodien zu
entziehen oder vorzuenthalten, und die ganze Herrschaft kam durch kaiserliche
Schenkung an den katholischen Grafen Adam Philipp von Cronberg, einen Enkel
des aus der Reformationsgeschichte bekannten Ritters Hartmut von Cronberg. Die
rechtmäßige Erbin mußte nach Straßburg flüchten und vermählte sich nach dem

56) In den hanauischen Ämtern Lichtenau und Willstätt scheinen keine Hexenbrände vorgekommen zu sein;
einige aus den Akten bekannt gewordenen Fälle wurden mit Landesverweisungen geahndet.

57) Wie rapide und plötzlich die Zahl der Hexenhinrichtungen i. J. 1628 angewachsen ist, ergeben die bei
Volk S. 23 ff. zusammengestellten Zahlen: Für den ganzen Zeitraum von 1557—1599 vermochte Volk in der
I.andvogtei nur 25 Hinrichtungen festzustellen, für 1628 allein 34, für die drei Jahre 1628—1630 fast dreimal
so viel als vorher in mehr als vier Jahrzehnten.

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