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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
40. Heft.1960
Seite: 228
(PDF, 128 MB)
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hier das Rathaus gestürmt, das Militär meuterte, die Gefängnisse wurden geöffnet;
die mittelalterliche, einst weit über die deutschen Grenzen hinaus als vorbildlich bewunderte
Stadtverfassung, das Produkt einer ehrwürdigen geschichtlichen Entwicklung
, ging in den Wogen der erregten Zeit unter. Die Wirkung dieser Ereignisse
machte sich alsbald auch auf dem rechten Rheinufer geltend80), allerdings in sehr
gemilderten Formen. Von radikalen Umsturzbestrebungen und grundsätzlicher
Gegnerschaft gegen die bestehenden Staatsverfassungen war man jetzt ebenso weit
entfernt wie einst bei den Ortenauer Bauernunruhen des 16. Jahrhunderts, mit
denen die revolutionären Vorgänge des Jahres 1789 überhaupt eine gewisse Ähnlichkeit
aufweisen. Es waren wie damals meist lokale Mißstände auf finanziellem
und wirtschaftlichem Gebiet von verhältnismäßig untergeordneter Bedeutung, die
Anlaß zur Klage gaben; Erlasse neuer Verordnungen und Verfehlungen einzelner
Beamter trugen dazu bei, die Mißstimmung über solche Dinge in einer erregten Zeit
zu gewaltsamem Ausbruch zu bringen. Dem entsprach der Verlauf der Bewegung.
Da hier keine extremen umstürzlerischen Tendenzen zu bekämpfen waren, genügte
ein tatkräftiges Auftreten der Regierungen und die offen kundgetane Absicht, die
„gravamina" der Untertanen abzustellen, um alle Gewaltsamkeiten im Keime zu
ersticken. Den Behörden der Landvogtei und der bischöflich straßburgischen Ämter
muß man allerdings das Zeugnis ausstellen, daß sie in dieser Hinsicht vollkommen
versagt haben; der glimpfliche Ausgang der Ortenauer „Revolution" war im wesentlichen
das Verdienst der badischen Regierung Karl Friedrichs, die sich am Oberrhein
als sicherster Hort staatlicher Ordnung und politischer Einsicht bewährte.

Schon Ende Juli traf der Markgraf die unumgänglichen Maßnahmen, um einem
allzuheftigen Hinüberwirken der Straßburger Vorgänge über den Rhein vorzubeugen
und das Eindringen zweifelhafter Elemente aus dem Elsaß zu unterbinden, indem
er eine starke Besatzung nach Kehl legte. Aber diese vorbeugende Maßregel
konnte natürlich nicht verhindern, daß man auch in der Markgrafschaft von den
linksrheinischen Ereignissen Kunde erhielt und daß an einigen Orten offener Aufruhr
ausbrach. Als es am 19. August in Neusatz bei Bühl zu tumultuarischen Auftritten
kam, durch die der Schultheiß und der markgräfliche Amtsassessor zur Flucht
genötigt wurden, sah sich Karl Friedrich veranlaßt, an der Spitze eines militärischen
Aufgebots in Bühl zu erscheinen und durch sein persönliches Auftreten die Ruhe
wiederherzustellen. Die Haupträdelsführer wurden nach dem Pforzheimer Zuchthaus
verbracht, aber gleichzeitig bewies die Regierung ein kluges Entgegenkommen,
indem sie an alle Gemeinden die Aufforderung ergehen ließ, ihre Wünsche in Bittschriften
zusammenzufassen. Auf ähnliche Weise wurde man mit leichter Mühe der
Unruhen Herr, die am 23. und 24. August in Schwarzach, Großweier, Stollhofen
und Kehl ausbrachen. Schwarzach erhielt eine badische Besatzung, die schon nach
wenigen Wochen wieder abrücken konnte, in Großweier genügte das gütliche Zureden
des Unzhurster Bürgermeisters, um die Bauern von einem tumultuarischen
Zuge nach Bühl zurückzuhalten; in Stollhofen beschränkte man sich von vornherein

^ Vgl. zum folgenden besonders Obser, Baden und die revolutionäre Bewegung auf dem rechten Rheinufer
im Jahre 1789, ZGORh N. F. IV, 212, und Baier, Die revolutionäre Bewegung in der Landvogtei Ortenau
im Jahre 1789, ebenda XXIII, 300.

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