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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
40. Heft.1960
Seite: 229
(PDF, 128 MB)
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darauf, die Klagen der Gemeinde durch einen besonders gewählten Ausschuß schriftlich
niederlegen zu lassen. Bedenklicher war die Stimmung in Kehl, wo der Streit um
die Landeshoheit der Stiftshöfe die Gemüter in gewaltige Erregung versetzt hatte.
Der Hörderhof wurde von den Marlener und Goldscheuerer Bauern radikal ausgeplündert
, die Kehler und Eckartsweierer rissen die Grenzsteine des Niederweierer
Hofs aus und drohten, dem Straßburger Frauenwerk keine Abgaben mehr zu zahlen.
In Kehl selbst richtete sich die Erbitterung vqr allem gegen den Schultheißen, dem
man schlechte und habsüchtige Amtsführung vorwarf, aber auch hier genügte das
besonnene Auftreten der badischen Regierung, um ein weiteres Umsichgreifen der
Bewegung zu verhindern. Sie ließ die Unruhestifter verhaften und kam zugleich den
Wünschen der Einwohner dadurch entgegen, daß der Schultheiß im Einvernehmen
mit Nassau und dem Frauenwerk abgesetzt und die mißliebige Gebührenordnung
verbessert wurde.

Um die gleiche Zeit ließen sich auch die Bewohner zahlreicher Orte des benachbarten
Hanauerlandes zu gewalttätigen Ausschreitungen gegen die Beamten
hinreißen. Freistetter Burschen verwüsteten Haus und Garten des Fiskals Jenser
zu Bischofsheim am 22. August 1789 (Schaden 2200 fl.). 30 Mann des Pirmasenser
Husarenkorps, einer berittenen Gendarmerie, sorgen für Ordnung. Lichtenau und
das untere Hanauerland bewahrten Ruhe. Eine fürstliche Ordre verlangte die Aufstellung
aller Beschwerden, die durch eine Kommission zu prüfen wären. Zur Aufrechterhaltung
der landesherrlichen Gerechtsame wie zum Schutz des Eigentums
ordnete der Landgraf ein Militärkommando von 400 Mann hessen-darmstädtischer
Landmiliz samt zwei Kanonen mit entsprechender Munition unter Obrist Pfaff ab.
Den 29. September erreichte die Truppe Lichtenau und marschierte folgenden Tages
nach Willstätt. Gleichzeitig traf die Kommission aus Buchsweiler ein und begann die
Prüfung der Landes- und Partikularbeschwerden. Die Unruhen begannen von neuem.
„Zu Willstätt hat man den Fiskal Stölzel durch ein schlechtes Gemälde vorgestellt,
wie ihn drei Teufel in Ketten in die Hölle schleppen, Verse dazu geschrieben und an
einem öffentlichen Brunnen angeheftet" (Pfaff). In einigen Orten des Stabes Bischofsheim
wurde das fürstliche Plakat abgerissen und in den Kot getreten. Die Freistetter
bewarfen dem Fiskal Jenser die erneuerten Fensterläden mit Steinen.

Bei Erledigung der Beschwerden zeigte sich Landgraf Ludwig IX. sehr nachgiebig,
ein Zeichen seines Sinnes für Gerechtigkeit; nur in Sachen seiner Grenadiere hat er
nichts nachgegeben. Ende März waren die Kommissionsarbeiten beendigt, und das
hessen-darmstädtische Militärkommando zog ab. Die Besatzungskosten, dazu die
Kosten der Kommission wie der Husaren, Schadenersatzleistungen usw. ergaben die
runde Summe von 125 000 fl. Zur Beobachtung blieben die Husaren weiterhin in
Willstätt und Bischofsheim (Esselborn, Pirmasens und Buchsweiler. Friedberg 1917,
S. 36/43).

Im badischen Amt Mahlberg richtete sich die Unzufriedenheit der Bevölkerung
vornehmlich gegen die Handhabung der herrschaftlichen Forstrechte, aber auch hier
wurde durch militärisches Aufgebot die Ruhe rasch gesichert. Dieses tatkräftige
Durchgreifen der badischen Regierung verfehlte seinen Eindruck auf die Nachbarterritorien
nicht, und die Klöster wußten sich in ihren Bedrängnissen keinen besseren

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