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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
40. Heft.1960
Seite: 258
(PDF, 128 MB)
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versprachen. Die mancherorts noch übliche Art, nach dem Schnitt des Futterroggens
auf diesen Feldern Tabak anzupflanzen, mußte aufgegeben werden. Insofern bewirkte
die Flächensteuer eine Änderung im Tabakbau. Der badische Standpunkt
hinsichtlich der Besteuerungsart wurde in dem Reichsgesetz vom 16. Juli 1879 gewürdigt
, das (bei kräftiger Anhebung der Steuersätze) die Materialsteuer einführte.
Die einfachste Steuerlösung — das Monopol — kam in Deutschland nicht zum
Zug. Lediglich im Elsaß bestand, aus dem französischen Recht übernommen, eine
Kaiserliche Tabakmanufaktur. Die von Bismarck 1882 beabsichtigte Einführung
eines Tabakmonopols erregte in Baden einen Sturm der Entrüstung bei Tabakpflanzern
und Tabakfabrikanten, die auf Versammlungen, in Resolutionen und
Denkschriften von der Regierung die Ablehnung des Projekts im Bundesrat forderten
. Seit 1906 wird eine Zigarettenbanderolensteuer erhoben, dazu tritt seit
1925 eine Materialsteuer nach dem Gewicht des verwendeten Rohtabaks.

Welche Auswirkungen die Steuergesetzgebung haben kann, beweist die Änderung
der Tabaksteuer durch das Reichsgesetz vom 15. Juli 1909: Bis zum 31. Oktober
1909 wurden in den Amtsbezirken Heidelberg, Schwetzingen, Wiesloch und
Bruchsal beinahe 8000 Arbeitslose in der dortigen Tabakindustrie gezählt. Aus
Reichs- und Landesmitteln mußten Unterstützungen ausbezahlt werden. Im Landtag
wurden bis zum Beginn des Weltkrieges häufig die Nöte der Tabakindustrie
besprochen. Die Ortenau blieb von dieser Arbeitslosigkeit fast völlig verschont.
Dies gibt Anlaß, auf eine Besonderheit der Ortenauer Tabakbranche hinzuweisen.

Oben ist erwähnt, daß die Umstellung vom Schnupf- und Pfeifentabak auf die
Zigarre der Industrie und der Landwirtschaft neue Probleme brachte. Da vom
Publikum mehr und mehr der importierte Tabak bevorzugt wurde, kam das Pfälzer
Deckblatt in den sechziger Jahren allmählich außer Gebrauch. Die leichten
Javatabake machten dem unterbadischen schweren Tabak erfolgreich Konkurrenz.
Die Produktion leichter Tabake ist im Unterland wegen den Bodenverhältnissen
nicht möglich. Durch die nachlassende Nachfrage ging der Tabakbau in der badischen
Pfalz zurück. Die Fabriken stellten sich auf die Verarbeitung importierter
Tabake ein. Dagegen konnten die Ortenauer Fabriken den oberbadischen Tabak
für die Zigarrenherstellung verwenden. Im Gegensatz zur Zeit vor 1870 rückte
jetzt der Ortenauer Tabakbau an die erste Stelle in Baden. So ergibt sich, daß der
Übergang des Rauchers von der Pfeife zur Zigarre einen Aufschwung des Tabakbaues
in der Ortenau, jedoch einen Rückgang in der badischen Pfalz zur Folge
hatte. Die Wirkungen auf die Industrie werden unten genauer untersucht.

Diese Ausführungen über den Ortenauer Tabakbau können keineswegs Anspruch
auf Vollständigkeit erheben, denn die Probleme sind nur gestreift. Es wäre
noch kurz darauf einzugehen, welche Förderung der Staat dem Tabakbau angedei-
hen läßt. Durch Prämiierung der besten Erzeugnisse und Unterrichtung der Tabakpflanzer
wird versucht, die Qualität zu steigern. Daß die Festlegung der zulässigen
Anbaufläche für die Gemeinden und jeden einzelnen Pflanzer von großer Wichtigkeit
ist, braucht kaum besonders hervorgehoben werden. Als größtes Tabakbauland
Deutschlands beherbergt Baden das 1928 in Forchheim bei Karlsruhe eröffnete
Tabakforschungsinstitut für das Deutsche Reich (nunmehr: Bundesanstalt für Ta-

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