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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
40. Heft.1960
Seite: 271
(PDF, 128 MB)
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ging daher rapide zurück: 1870 waren in Baden noch etwa 9 000 ha mit Hanf
bestellt, vor dem ersten Weltkrieg fiel die Zahl auf weniger als 200.

Anbaufläche im Landeskommissärbezirk Karlsruhe: (in ha)

1878 1883 1893 1900

638 356 113 38

1913

8

Alle Versuche, den Hanfbau zu halten, Ausstellungen, Spinnkurse, Prämien,
hatten keinen Erfolg. Auf Intervention der badischen Regierung gelang es 1910,
beim Reichsmarineamt zu erreichen, daß zur Herstellung des bei der Marine benötigten
Tauwerks nur bester badischer Schleißhanf verwendet werden sollte.
Schon nach einem Jahr ergab sich aber, daß die aus deutschem Hanf hergestellten
Taue um beinahe 40 % teurer waren als die aus importierten Rohstoffen gefertigten
Tauwaren. So verschwand der Hanfbau bald völlig. Mit ihm ging auch die
Zeit des Spinnens und die Poesie der Spinnstuben zu Ende. Der Hanf verlangte
nach der Ernte eine umständliche Bearbeitung, die uns in hübschen Biedermeierdarstellungen
bildlich überliefert ist: In Hanfrötzen, die sich bei jedem Dorf fanden
, mußte der Hanf unter Wasser liegen, damit der Bast sich lösen konnte. Dann
wurde der Hanf auf den Äckern oder gar in einer Dörre getrocknet. Mit Hilfe
einer Breche knickte man den Hanf mehrfach, so daß die holzigen Teile abfielen.
Man konnte den Hanf auch in den „Plauein" bearbeiten lassen, die vom Wasser
getrieben waren und durch mechanische Bearbeitung (Klopfen) die Holzteile lösten
. Die Fasern wurden schließlich noch gehechelt und waren damit zum Verkauf
in Docken fertig. Um die einmal bekannte Qualität nicht durch minderwertige
Ware in Verruf zu bringen, wachten Ortsbehörden und Zünfte genau darüber,
daß kein minderwertiger, schlechter Hanf mit dem einheimischen, guten vermischt
wurde. Mit dem Hanfbau verschwanden auch die in den Dörfern ansässigen Weber,
auch die Seilfabrikation ging immer mehr auf die Fabriken über. „Seilerbahnen"
sind heute nur noch wenige in der Ortenau anzutreffen, doch werden sie wohl nicht
mehr benützt.

Mit einigem Entsetzen berichteten die markgräflichen Beamten, die zur Besitznahme
in die Ortenauer Territorien kamen, daß vielerorts noch das den Feldern
und Waldungen so sehr abträgliche Weiden des Viehs üblich sei, das in der Markgrafschaft
während der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts fast völlig abgeschafft
worden war. In Wirklichkeit hatten zwar auch die Landesherrschaften in der
Ortenau versucht, die Bauern davon zu überzeugen, daß die Stallfütterung rentabel
sei, doch waren rechte Erfolge nicht erreicht worden. Auch hinsichtlich der
Auswahl des Zuchtviehs hinkte die Ortenau hinter dem oberbadischen Zuchtgebiet
her, außerdem waren in der weithin von Kriegsvölkern überlaufenen Ortenau
große Verluste an Vieh zu beklagen. So waren in den ersten Jahren des Großherzogtums
die Bemühungen der Regierung darauf gerichtet, zunächst zahlenmäßig
den Viehbestand zu vermehren und durch Einfuhr von Zuchtvieh und durch Auf-

Viehzucht und Milchwirtschaft

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