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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
40. Heft.1960
Seite: 344
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einem oberen Zinnenkranz vor dem Wehrgang, mächtigen Tortürmen und aus der
Mauer vorspringenden, stadtwärts offenen Rund- oder Polygontürmen. Für
Offenburg läßt sich die Wehranlage nur aus alten Ansichten ersehen, Reste
einer solchen dagegen in W o 1 f a c h 17b) und mehr noch in Z e 1118b) nachweisen,
die aber ersichtlich erst einer späteren Zeit angehören 19b).

Aus der eigentlichen Blütezeit der Gotik hat sich in unserem Gebiet auffallend
wenig erhalten. Das kulturgeschichtlich höchst bemerkenswerte Judenbad in
Offenburg 10a), mit tiefer Treppe unter Tonnengewölbe, einem Auslaufgang
und einem das Bassin umschließenden, quadratischen Raum, gehört den Formen
nach in die Zeit um oder kurz nach 1300; von der Stadtkirche in Offenburg, die
gegen Ende des 14. Jahrhunderts erstand, haben sich wohl nach der Brandkatastrophe
des 17. Jahrhunderts höchstens die Umfassungsmauern des Chores erhalten,
vom Rathaus und Franziskanerkloster jener Zeit gar nichts mehr, abgesehen von
der kleinen Kreuzgangkapelle des letzteren. Nur die kleine Nikolauskapelle in
A c h e r n mit gut profiliertem gotischem Portal, ebensolchen Fenstern und einem
keck am nördlichen Fassadeneck aufwachsenden Rundtürmchen dürfte als Stilprobe
des 14. Jahrhunderts bei uns in Betracht kommen. Überall auf dem Lande wie in
den kleinen Städten waren aber in kirchlicher Hinsicht die Bedürfnisse befriedigt
durch die Bauten, die in vorausgegangener Zeit, nach der Organisation des kirchlichen
Lebens gegen Ende des ersten Jahrtausends und zu Anfang des zweiten, entstanden
sind. Erst gegen Schluß des Mittelalters macht sich eine größere Regsamkeit
im kirchlichen Baubetrieb bemerkbar; sie nimmt sich fast wie ein nervös sich auswirkender
Wettbewerb der einzelnen Gemeinden untereinander aus. Äußere Veranlassungen
sind leicht ersichtlich. Die alten Gotteshäuser waren im Zustand des
Verfalls, auch zumeist für eine vermehrte Bevölkerung und ein entwickelteres kirchliches
Leben zu klein geworden. Die, wie wir sahen, häufig, wenn nicht regelmäßig
im Turmgeschoß untergebrachten Chöre wurden als zu eng und zu lichtlos befunden
. Wo man nicht radikaler vorging, wurden mindestens weitere Fenster eingebrochen
, aber in sehr viel Fällen zu vollständigen Neubauten geschritten, wobei
man im günstigsten Falle den Turm stehenließ. So lernte gerade Mittelbaden die
Gotik fast nur in ihrem letzten Entwicklungsstadium kennen, in jener Phase reifen
Alters, in der die Jugendfrische liebevollen Sichversenkens in schöne, sorgsam ausgeführte
Formen vorüber ist, die konstruktive Spannkraft nachläßt, im reinen Vir-
tuosentum mit den Konstruktionsgesetzen wie -formen gespielt wird und das
Ornament immer üppiger und regelloser sich ausbreitet und sich nicht mehr den
konstruktiven Gliedern unterordnen will. Werden letztere immer magerer, in ihrem

17b) Arnold Tschira beschreibt in „Stadt und Schloß Wolfach" (Jahresband 1935 der Badischen
Heimat, S. 322 ff.) den Verlauf der alten Stadtbefestigung anhand der heute noch vorhandenen Mauerreste. —
M. Hesselbach er: „Das Stadttor in Wolfach im Kinzigtal" im „Nachrichtenblatt", 1. Jahrgang 1/1958,
S. 24 ff., mit Abbildungen.

18b) Vgl. FranzDisch: „Zell am Harmersbach" im Jahresband 1935 der Badischen Heimat, S. 360 ff.

19b) Ergänzend sei auf die Stadtmauern von Gernsbach im Murgtal hingewiesen, die im großen und ganzen
noch heute erhalten sind, jedoch nicht mehr in der vollen Höhe. Siehe Tschira „Das Stadtbild von Gernsbach
" im Jahresband 1937 der Badischen Heimat, S. 364 ff., mit Abbildungen.

10a) Vgl. Otto K ä h n i , Kirchliches und religiöses Leben im mittelalterlichen Offenburg. Diese Zeitschrift
1949, 141 ff.

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