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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
40. Heft.1960
Seite: 354
(PDF, 128 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1960/0357
aus dem Haupt ein wahrhaft verklärter Ausdruck göttlicher Hoheit. Nach Fertigstellung
dieses Werkes, z. T. schon vorher, war Meister Gerhart in Konstanz tätig
und wandte sich von da ganz nach Wien. Er hat in der kurzen Zeit seiner Wirksamkeit
am Oberrhein der Plastik ähnlich neue Wege gewiesen wie Schongauer der
Malerei. Sein Einfluß ist mehr oder weniger stark von nun an in der Weiterentwicklung
dieses Kunstzweiges im Elsaß wie in Baden verspürbar. Ohne seine Neuerungen
würde man schwer die neue Kunst des Lautenbacher Hochaltars mit den
drei Figuren der Madonna und der beiden Johannes im Mittelschrein verstehen
(zwischen 1480 und 1490 15a); Taf. 1). Namentlich die Madonna enthält das künstlerische
Bekenntnis des Meisters: eine ausgesprochene menschliche Gestalt voll lebendigen
Ausdrucks, stilmäßig stark ausgebogen, aber unter schwerer Gewandmasse
wieder erdwärts gezogen und in diesen beiden auseinandergehenden Richtungslinien
wieder zusammengefaßt durch den straff vorn hochgezogenen Mantelzipfel. In die
Nähe dieser Arbeit gehört eine ruhiger gehaltene Steinmadonna im Pfarrhaus zu
Schuttern, die wieder nahe verwandt ist mit einer der Sammlung Spetz in
Isenheim, und in weiterem Abstand die prächtige Madonna im Pfarrhaus zu
Kippenheim, die mit noch zwei anderen Figuren (jetzt im Altertumsmuseum
zu Karlsruhe) bis in die neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts im dortigen
Beinhaus gestanden haben soll; weiter die zwei Figuren eines Evangelisten Johannes
und eines Christopherus in Kippenheimweiler und endlich eine Madonna
zu Kappel a. Rh. In diese Gruppe fallen aber noch zahlreiche andere Einzel-
stücke, die Demmler zusammengestellt hat"), und die sich ihrer Herkunft nach auf
das Gebiet des Oberrheins, insbesondere Baden und das Elsaß, verteilen. Die Führung
hat ihrer Qualität nach neben der Lautenbacher Gestaltengruppe die gleichwertige
Dangolsheimer Madonna im Kaiser-Friedrich-Museum in Berlin (aus der
Gegend von Molsheim). Über diese Werke, die den Höhepunkt spätmittelalterlicher
Plastik am Oberrhein darstellen, hat sich in den letzten Jahren eine ansehnliche
Literatur gebildet, die sich mit der Feststellung des Meisters sehr lebhaft befaßt. Es
ist heute eine ziemlich verbreitete Annahme, daß diese Skulpturen, zu denen auch
noch andere im Lande, in unserer Gegend vor allem auch noch die prächtige Gruppe
der Krönung Mariä in der Kirche zu Hönau 16a), gerechnet werden, Simon
Lainberger, dem Meister des Hochaltars der Georgskirche in Nördlingen, zuzuschreiben
sei12). Bei der ganz offensichtlichen Verschiedenheit mancher darunter,
nicht nur in der Qualität, sondern auch in Stileigentümlichkeiten, hat man sich dann
über die Schwierigkeiten damit hinweggeholfen, daß man von einer „Schule Lain-
bergers" sprach (die Honauer Gruppe, aber auch der Lautenbacher Hochaltar). Es

15a) Nach Lacroix-Niester (a. a. O., S. 198 f.) nicht von Gerhaert, sondern von Heinrich Iselin,
der ganz unter dem Einfluß Gerhaerts arbeitete. Iselin ist der Meister, der entscheidend am ChorgestiihI des
Münsters in Konstanz gearbeitet hat und dort 1513 gestorben ist.

11) Demmler, Der Meister der Dangolsheimer Madonna, Jahrb. der Preuß. Kunstsammlungen 46
(1925), 164—180. Vorher schon in Amtl. Berichte 35 (1913), 161 ff.

16a) Nach Lacroix-Niester (S. 235) neuerdings ebenfalls Heinrich Iselin zuzuschreiben.

12) W. P i n d e r , Zeitschr. f. bild. Kunst, 1921, 129 ff. K. 2 ü r c h e r in Amtl. Berichte aus den Preuß.
Kunstsamml. 41 (1920), 250 ff. O. S c h m i t t , Oberrhein. Plastik des ausgehenden Mittelalters (Freib. 1924),
Taf. 39—41, und die Bemerkungen dazu.

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