Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
40. Heft.1960
Seite: 384
(PDF, 128 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1960/0387
geschriebenen Beschreibung von 1667 ist uns eine Erinnerung daran erhalten geblieben
. In der südlichen Hälfte des Palastes war nach Osten die Kapelle eingebaut,
zu der eine Türe mit reichem Beschläg und Rollwerk und einem das Relief des
Heilandes zeigenden Aufsatz den Zugang vermittelte. Ein im Dreieck ausladender
Erker für den Altar hat zwischen zwei geradstürzigen Fenstern ein zweigeteiltes
mittleres mit rundbogigem Maßwerk. Auffallend reich gegliedert ist das Äußere
des auf der Nordseite an das Hauptgebäude anschließenden Küchenbaues, das in
seinen zwei unteren Geschossen eine offene Rundbogen-Loggia aufweist, die im
Obergeschoß mit einer reich durchbrochenen Bailustrade abgeschlossen ist und hier
durch ionische kannelierte Säulen mit starker Schwellung getragen wird. Fenster
und Türen im Untergeschoß sind aufs reichste mit den trefflich behandelten Ornamentmotiven
deutscher Renaissance umzogen. Das edelste Zierstück dieses Neubaues
aber ist der Dagobertsturm 28b) auf der Gartenterrasse vor der Orangerie, ein
unübertroffenes Meisterwerk dieses Stiles. Der allein noch erhaltene Oberteil stellt
einen mit Kuppel abgeschlossenen Rundtempel dar mit offenen Rundbogenarkaden,
die unten mit einer durchbrochenen Steinbailustrade geschlossen und vor deren
Pfeiler ionische Halbsäulen vorgelegt sind. Gesimsfriese, Arkadenleibungen und die
Kuppelfelder im Innern sind aufs reichste und doch mit wohlberechneter Disposition
für vornehme Wirkung mit Beschlägornament, Zahnschnitt und Eierstab überzogen
.

Das Badener Schloß ist das bedeutendste Renaissancedenkmal in unserer Gegend,
in seiner kunstgeschichtlichen Stellung die Mitte zwischen dem Heidelberger und
dem Heiligenberger Schloß haltend. Kein anderer Bau Mittelbadens kann sich auch
nur annähernd mit ihm messen 29b). Die Formenwelt dieses Stiles kommt an ihm
trotz aller Beeinträchtigung durch spätere Eingriffe und Schäden am reinsten und in
klassischer Ausbildung zur Erscheinung. Was uns sonst noch aus dieser Zeit erhalten
ist, Grabdenkmäler und Brunnen, ist meist von ländlicher Befangenheit
und Derbheit. Der Ritter auf dem Gengenbacher Marktbrunnen von 1582,
die Grabdenkmäler an der Stiftskirche in Lahr, in Offenburg die des Georg
Berger von 1585, des Christoph Wydt (1596) an der Stadtkirche, in Gengen-

28b) Die Bezeichnung „Dagobertsturm" beruht auf einem Irrtum, da dieser Name keinerlei historischen
Bezug zu dem Türmchen hat; die historisch richtige Bezeichnung ist „Philippstürmchen" nach seinem Erbauer,
dem Markgrafen Philipp II. Das Türmchen wurde bei der Beschießung der Stadt Baden-Baden am 27. 12. 1944
durch Artillerievolltreffer zerstört. Vgl. Martin Hesselbacher: „Ein Kleinod der Renaissance in
Baden" im „Nachrichtenblatt", 8. Jahrgang 1957/1, S. 1 ff., mit zeichnerischen Aufnahmen und Abbildungen.

29b) Es sei hier auch auf die beiden infolge ihrer abseitigen Lage wenig bekannten Schlösser von Rust und
Schmieheim (beide Landkreis Lahr) hingewiesen, die als durchaus bedeutsame Repräsentanten der Renaissance
in der Ortenau anzusprechen sind. Rust hat sich aus einer mittelalterlichen Wasserburg entwickelt und ist
heute in verträumter Lage von einem weiten romantischen Park in englischem Stil umgeben, der von Elz und
Elzkanal durchflössen wird. Schmieheim, ein reines Kind der Renaissance mit großartiger Drei-Turmanlage an
seiner Westseite, wird augenblicklich unter Leitung des Architekten Dr. Kasper, Freiburg, zu einem
Rathaus umgebaut unter gleichzeitiger Bereinigung des ganzen Gebäudes von allen späteren Zutaten im Sinne
der Rückgewinnung des historischen Zustandes. Vgl. R. Freiherr Böcklin von Böcklinsau:
„Die Balthasarburg in Rust", in dieser Zeitschrift, a. a. O., S. 537 ff. H. A. Fuchs: „Schloß Schmieheim"
in „Mein Heimatland", 19. Jahrgang 1932, Heft 3/4, S. 102 ff., mit Bauaufnahmezeidinungen und Abbildungen.
U. Ludwig: „Das Schloß zu Schmieheim", in dieser Zeitschrift, a. a. O., S. 492 ff. Joseph Schlip-
p e : „Rust, Schloß" im „Nachrichtenblatt", 5. Jahrgang 1954/1/2, S. 6 ff., mit Abbildung und Beschreibung
der Geschichte des Schlosses, seiner Beschädigung im 2. Weltkrieg und Wiederherstellung.

384


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1960/0387