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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
40. Heft.1960
Seite: 390
(PDF, 128 MB)
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als Gesamterscheinung noch leidlich intakte Bau lange Zeit so ganz unbekannt
bleiben konnte 33b).

Im Zusammenhang mit dem Schloßbau entstanden in Rastatt noch mehrere
andere architektonische Schöpfungen, die auf die Initiative der kunstsinnigen Witwe
des Türkenbezwingers zurückgehen. So die Einsiedlerkapelle, die nach dem
Friedensschluß von 1715 von einem nicht bekannten Meister 1715—1717 in Nachbildung
der Gnadenkapelle von Maria Einsiedeln als Ausdruck des Vertrauens und
der Dankbarkeit zu dieser Wallfahrtsstätte errichtet wurde. Ihr köstlichster künstlerischer
Schmuck sind die in bester Barockplastik gehaltenen drei Fassadenreliefs
(Geburt Maria, Verkündigung und Tod Maria) und die drei Freistatuen der Immakulata
, der hl. Benedikt und Meinrad. Die Schloßgartenterrasse über der Kapelle
wird beherrscht von dem für den französischen Geschmack so charakteristischen
Oktogonalbau der Pagodenburg 34b) von J. Mich. Ludw. Rohrer, die ziemlich
getreu die gleiche Anlage in Nymphenburg wiederholt (1711) bzw. vorbildet.
Zu einer fürstlichen Residenz dieser Tage gehörte aber auch das Lustschloß, in
der einsamen ländlichen Abgeschiedenheit gelegen, in das man sich von der höfischen
Etikette und den Geschäften zurückziehen konnte. Auch die Markgräfin Augusta
Sibylla ließ sich ein solches in dem entzückenden, noch großenteils unberührt erhaltenen
Schlößchen F a v o r i t e 30 und 35b) durch Joh. Michael Ludwig
R o h r e r errichten (von 1710 an); ein Bau, der Hufeisengrundriß zeigt, mit stark
betontem Mittelrisalit und schwächer angedeuteten an den Ecken, einer fast das
ganze Erdgeschoß verdeckenden zweiflügeligen Treppe, die auf eine Mittelterrasse
führt. Die Außenfassaden in Grottenimitation mit kleinen Kieseln bedeckt. In Anlage
wie in der Einzelbehandlung des Formalen klingt die Österreich-böhmische
Tradition nach. Das Innere, in dem der große Saal im Mittelgeschoß und die
Speisezimmer des Obergeschosses durch ihre Ausstattung besonders stark betont
sind (Taf. 7), stellt eine überwältigende Prachtentfaltung durch Häufung von
Dekorationsmitteln in allen Arten technischer Herstellung dar; alles noch in spätem
Ornamentstil des Barock, unter Aufhebung aller architektonischen Gliederung, ohne
bemerkenswertere Spuren des Rokoko. Stuckmarmorböden mit köstlichen Muster-

33b) Die südbadisdie Staatliche Hochbauverwaltung hat mit einem umfangreichen, sich auf Jahre erstreckenden
Instandsetzungsprogramm der gesamten Schloßanlage begonnen, welches die gewissenhafte Herauspräpa-
rierung des historisch getreuen Zustandes zum Ziel hat, bei gleichzeitiger Verwendungsmöglichkeit des Schlosses
für repräsentative und museale Zwecke des Landes und der Stadt.

34b) Vgl. A. M. Renner: „Die Pagodenburg im Park von Rastatt" in „Vom Bodensee zum Main",
C. F. Müller, Karlsruhe 1936, mit Plänen und Abbildungen, S. 26 ff. Ein schweres Schadenfeuer im Frühjahr
1954, dem der Dachstuhl und das Innere der Pagodenburg zum Opfer fielen, war Veranlassung, daß das wertvolle
Baudenkmal wieder gründlich instand gesetzt wurde. Vgl. O. Linde im „Nachrichtenblatt", 5. Jahrgang
1954, Nr. 3/6, S. 22, und Nr. 7/10, S. 50, und 7. Jahrgang 1956/IV, S. 64 ff., mit Abbildungen.

30) Vgl. die erste zuverlässige Behandlung bei Rud. S i 1 1 i b , Schloß Favorite und die Eremitagen dei
Markgräfin Franziska Augusta Sibylla von Baden-Baden (Bad. Neujahrsblätter NF. 17), Heidelberg 1914.

35b) Vgl. Th. Humpert : „Schloß Favorite", in dieser Zeitschrift, a. a. O., S. 35 ff., mit Abbildungen.
A. M. Renner: „Das Lustschloß Favorite", a. a. O., S. 15 ff., mit Plänen und Abbildungen. — Dieselbe:
„Kleinkunst in Favorite", im Jahresband 1937 der Badischen Heimat, S. 333 ff-, mit Abbildungen. Auch dieses
Schloß findet in einem umfangreichen Wiederherstellungsprogramm der Südbadischen Staatlichen Hochbauverwaltung
in Verbindung mit der Liegenschaftsverwaltung seine Sicherung als singutäres Kulturdenkmal für
die Nachwelt.

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