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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
40. Heft.1960
Seite: 429
(PDF, 128 MB)
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bild dafür sei das Wort der Anken. Die meisten Ortenauer verstehen darunter die
ausgelassene Butter, die als erwünschter Küchenvorrat im Ankenhafen aufbewahrt
wird, während der Butter frisch auf dem Markt gekauft wird. Der schroffere Alemanne
im südwestlichen Baden sagt Anken für Butter überhaupt, dem Franken
fehlt dies Wort Anken in jedem Sinn. Die Ortenau ist auch sprachlich voller Kompromisse
, ein Land so vieler Übergänge, daß man von einer inneren Einheit kaum
reden kann. Leichter als durch Behauptungen läßt sie sich durch Verneinungen umschreiben
:

a) Sie ist nicht fränkisch, obwohl die Franken z. B. ums Jahr 710 kräftig nach
ihr gegriffen haben. Die meisten Ortenauer sprechen in Wörtern wie mittelhochdeutsch
guot, der bruoder, lieb, müede Zwielaute altdeutscher Art, das benachbarte
Fränkische hat dafür einfache Längen. Die Sprachgrenze folgt aber nicht der geschichtlichen
Nordgrenze der Ortenau, sondern reißt schon Hügelsheim zum Fränkischen
, während sie die Dörfer an der Oos von Sandweier aufwärts dem Alemannischen
zuweist. Eine wirklich auffällige Mundartgrenze anderer Art quert das
Land erst wieder zwischen Au am Rhein und Mörsch. Beachtenswert ist somit, daß
die oft genannte nördliche Gau- und Stammesgrenze heute keine starke Mundartgrenze
ist, sondern in der Rheinebene zwischen zweien solchen liegt und ihr dortiges
bescheidenes Merkmal im Gebirge verliert, vertauscht. In meiner „Gliederung der
badischen Mundarten" mit Skizze (1923) kann man den näheren Verlauf der schärferen
Linien einsehen.

b) Das Ortenauische ist nicht schwäbisch. Während in Fällen wie Haus, Mäuse,
Leib das Schwäbische der Schriftsprache nahe steht, spricht der Ortenauer statt der
Zwielaute einfache Längen (= altdeutsch ü, ü, i). Daß Schiltach hierbei abseits
steht, ist keine Ausnahme, sondern Nachwirkung seiner schwäbischen Vergangenheit
. Mit der alten Gaugrenze hat selbst diese Sprachscheide nicht viel gemeinsam.

c) Das Ortenauische ist weder hochalemannisch noch südalemannisch. Nirgends
zeigt sich ein inlautendes - kch - in Wörtern wie danken, drucken; auch kein anlautendes
ch - in Kind, Kern, Korn. Ein zahmstes Südalemannisch spricht - cb -
mindestens in Wörtern wie melken, Volk, Birke, Werktag; vielleicht fiel die Nordgrenze
dieser Aussprache einmal mit der Südgrenze der Ortenau zusammen, heute
liegt selbst sie noch südlicher. Dagegen ragt noch von Süden die Aussprache bitzili
„bißchen" in die südwestliche Ortenau hinein, zumal nach Rust und Ettenheim;
als Ubergangsort kann Schuttern gelten, wo neben - rz - auch - ß - vorkommt: der
Hauptteil der Ortenau hat nur - ß -.

Eine sprachliche Südfront der geschichtlichen Ortenau gibt es nicht, so wenig wie
eine Nordfront. Die Mundarten der südlichsten Ortenau und des nördlichsten Breisgaus
gehören heute untrennbar zusammen. Am Hünersedel hat die Elztäler Seite
(Biederbach usw.) Gaumennasenlaut in b\t\9, tfrfi gegenüber binde(n), unte(n) auf
der Ortenauer Seite (Schweighausen usw.); als Gaugrenze sollte das aber nicht ausgeschlachtet
werden. Wichtiger ist, daß der Wortschatz des Ortenauer Winzers merklich
von dem des Kaiserstühlers und Markgräflers abweicht. Eine größere Untersuchung
hierüber fehlt; einen Vorstoß in dieser Richtung habe ich in der Zeitschrift

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