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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
40. Heft.1960
Seite: 430
(PDF, 128 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1960/0433
für deutsche Mundarten 1920, Seite 168 ff. unternommen. Das mittelbadisch-elsäs-
sische Wort retzle „Nachlese halten" reicht südwärts bis zur Bleich, die Kaiser-
stühler und Markgräfler sagen ätzne. Umgekehrt scheint das südliche Wort Örkeli
„Kübel" dem Ortenauer Weinbau zu fehlen.

d) Das Ortenauische darf auch nicht schlechtweg als elsässisch bezeichnet werden.
Wohl aber steht es dem Unterelsässischen recht nahe, besonders in der Gegend von
Kehl. Dabei hat kein echter Ortenauer das Gefühl, elsässisch zu sprechen. Wenn er
den Rhein rechtwinklig überschreitet, stößt er immer auf sprachliche Eigentümlichkeiten
, die er als elsässisch deutet. Diese treten aber auch rechtsrheinisch auf, jedoch
regelmäßig in weiter flußabwärts gelegenen Orten, die sich ihrerseits von den unmittelbar
gegenüber wohnenden Elsässern durch andere Kleinigkeiten unterscheiden
. Uberschaut man die ganze Uferstrecke auf einmal, so bleibt von den sogenannten
elsässischen Eigenheiten nicht viel mehr übrig als die der Sprachmelodie. Selbst
die elsässische Hellfärbung von ü zu ü (in Wörtern wie Hüs „Haus") und von au
zu oi oder ai (in Wörtern wie rauchen) findet ihre Fortsetzung in westlichen Teilen
der Ortenau und des nördlichen Breisgaus. Es fällt dem Kenner der Sprachgeschichte
wie dem Erforscher der lebenden Mundarten furchtbar schwer, auch nur ein förmliches
Merkmal zu nennen, das dem linken Rheinufer gegenüber dem rechten eigentümlich
wäre. Das gilt auch vom Wortschatz. Wo immer man glaubt, ein nur mittel-
badisches Wort gefunden zu haben, wird regelmäßig das Elsässische Wörterbuch
von Martin und Lienhart oder noch besser eigene Vertrautheit mit älterem Elsässer
Schrifttum den nächsten Anschluß und Aufschluß liefern.

3. Die sprachgeschichtliche Aufgabe der Ortenau ist es gewesen, die elsässisch-
rheinischen Einflüsse auf das Alemannische zu vermitteln, die Durchdringung des
Alemannischen durch das Fränkische zu begünstigen. Diese Einflüsse wirkten durch
viele Jahrhunderte und aus verschiedenen Ursachen, aber immer in der gleichen
Richtung von Nordwesten her. Seit Chlodwig ist der alemannische Süden ins Fränkische
Reich eingeordnet, ist Untertan der Franken. Damit ist seine friedliche Durchdringung
mit nördlichen Kräften eingeleitet. Nicht nur fränkische Königsbeamte,
fränkische Siedler und neuartige Siedlungsnamen zogen rheinaufwärts, sondern
auch fränkische Sprachgewohnheiten. Diese wurden noch gefördert durch den Verkehr
, den Handel längs des Rheins und auf dem Rhein, ferner durch das Bestehen
eines Bistums Straßburg. Straßburg liegt auf alemannischem Boden, hat aber früh
eigene, unterelsässische, rheinische, fränkische Züge angenommen. Seine Sprache war
für eitle maßvolle Umbildung des Südens besonders geeignet. Straßburg ist die
natürliche Hauptstadt Südwestdeutschlands und zumal der Ortenau. Die Kinzig-,
Rench- und Achertalstraße laufen nach Straßburg zusammen. Längs dieser Straßen
haben izuerst die Straßburger Bischöfe ihre Macht ausgedehnt. Die Täler von Euenheim
, Oberkirch und Ottenhofen lagen nun nicht nur im Bistum Straßburg, sondern
sie waren bischöfliche Herrschaften. Später suchte auch die Straßburger Bürgerschaft
jauf das rechte Ufer überzugreifen. Vollends die Gegend von Kork und
Rheinbischofsheim, das Hanauerland, gehörte zur linksrheinischen Grafschaft Lichtenberg
. Das sprachliche Ergebnis von all dem ist, daß wir stromaufwärts bis über

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