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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
41. Heft.1961
Seite: 56
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Leute mußten katholisch sein. Das machte Franz Anton Dürr aber weiter keine
Sorgen: wenn er Arbeiter brauchte, fragte er nicht lange nach ihrer Konfession; war
einer tüchtig, so konnte er seinetwegen ruhig auf protestantisch um das tägliche Brot
beten. Lebte man nicht in einem aufgeklärten Zeitalter?

Die Seelsorge in Herrenwies hatten ursprünglich die Baden-Badener Kapuziner.
Abwechselnd zogen zwei „Missionare" in die unwirtliche und noch unerschlossene
Gegend hinauf und walteten dort ihres Amtes. An sich gehörte Herrenwies zur
Pfarrei Bühl; aber es war zu abgelegen, um eine ständige Seelsorge durch Weltgeistliche
von Bühl aus zu betreiben. Die Baden-Badener Kapuziner versuchten
nun, wohl um auch ihrerseits ihre Tätigkeit in Bühlertal auszubreiten, in Bühl ein
Hospiz zu errichten; doch wurde ihnen das von der markgräflichen Regierung nicht
gestattet. Nun wandte sich der Hof an die Franziskaner des Klosters Fremersberg
und erbat zwei Missionare für Herrenwies. Das lag um so näher, als schon im
Jahre 1702 die Fremersberger Franziskaner in Bühl Fuß gefaßt hatten.

Im Jahre 1771 übernahmen, nach dem Aussterben der Baden-Badener katholischen
Linie, die protestantischen Baden-Durlacher Markgrafen die Regierung. Sie
scheinen ebenfalls den Nachfolgern des heiligen Franziskus von Assisi besser
gesinnt gewesen zu sein als den anderen Orden in der katholischen Markgrafschaft.
Auf jeden Fall erhielten die Fremersberger Patres eine jährliche Dotation von
300 Gulden für die geistliche Betreuung der zur Pfarrei Bühl gehörenden Waldkolonien
Herrenwies und Hundsbach durch zwei ihrer Brüder. (Vgl. Alemannia
Franciscana Antiqua. Bd. 1 S. 29. Ulm 1956.)

Man darf sich die Arbeitersiedlungen, denn das waren die Waldkolonien Dürrs,
mindestens in der ersten Zeit, nicht als in sich geschlossene, in sich verbundene Dorfgemeinschaften
vorstellen. Es gab unter den „Kolonisten" häufig Wechsel. Es herrschte
Freizügigkeit, im 18. Jahrhundert keine Selbstverständlichkeit. Wer nicht taugte,
wem es nicht gefiel, konnte wieder gehen. Es war sehr einfach, denn auch daran hatte
Dürr gedacht. Und hiermit kommen wir zu den sehr eigenartigen rechtlichen und
sozialpolitischen Grundlagen der Waldkolonien Herrenwies, Hundsbach und Erbers-
bronn und ihrer Einwohner.

Sie bildeten keine Gemeinde. Es gab kein Gemeindeeigentum, auch keine gemeindeeigene
Fläche. Das Land, das Dürr dem einzelnen, der zuzog, zuwies, war
zu eigentlicher landwirtschaftlicher Nutzung nicht ausreichend. Die Arbeiter konnten
auch kein Grundeigentum erwerben. Ein Rechtsverhältnis bestand überhaupt nur
zwischen dem Beständer Dürr und der Regierung. Für die ersten sechs Jahre war er
von jeder Steuer befreit, dann mußte er 40 Gulden jährlichen Grundzins für die
Wohnsiedlung bezahlen: der Boden gehörte ja dem Staat. Es waren etwa drei Mark
pro Hektar nach heutigem Geld.

Die Urbarmachung und der Bau der Wohnhütten kostete Dürr nichts. Er wies nur
jedem seinen Platz an, die Arbeit und der Bau war dann Sache der „Kolonisten" —
in ihrer Freizeit. Das Holz war ja auch vertraglich umsonst. Dürr hatte also nur den
Zins zu bezahlen: das tat er denn auch und war sogar sozial, denn er legte ihn nicht
auf die Kolonisten um.

Im Jahre 1757 fand eine amtliche Besichtigung der Waldkolonien durch den

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