Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
41. Heft.1961
Seite: 208
(PDF, 77 MB)
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Letztmals hat den „schwarzen Pfaffen" eine Frau bei sinkendem Tag gesehen
auf dem Heimweg von einer Kaffeegesellschaft in Neusatz; ihr Sohn, der mir's
erzählte, meinte aber, der Hardter Riesling sei noch rissig gewesen .. .

Kritik

Es entspricht durchaus dem gesunden Rechtsempfinden des Volkes, daß der
Priester, so geweihtes öl mißbraucht hat, weil ihn zu Lebzeiten strafender Arm
nicht erreicht hatte, nach seinem Tode an der Seele gebüßt wird, welcher Glaube in
der Lehre des Christentums vom Fegfeuer als Reinigungsort begründet liegt; nur
daß das Volk die Buße mit den Sinnen, entsprechend den im Mittelalter öffentlichen
Hinrichtungen durch die weltliche Macht, genießen will, selbst wenn es dabei
leidtragend, freilich in teilweise abgemilderter Form, bleiben muß: Wenn zwar
der Fuhrmann in finsterer Nacht oder ob der unerklärlichen Uberlast auf seinem
Wagen sich ärgern muß, der Fußwanderer über dem Schrecken nächtlichen Alpdruckes
, Fehlgehens oder gar einer Luftfahrt oder schließlich einer Züchtigung
geringen Schaden am Leibe oder im Gemüte nimmt, so leidet die Seele des Urhebers
doch ungleich schwerer an der unrastigen Fortführung der lebzeitigen Reihe von
Nötigungen. Dieses nächtliche Unwesen liegt jedoch nicht auf dem Gebiete der von
dem nunmehrigen Büßer einstens begangenen Versündigungen, die jetzigen Untaten
sind vielmehr Ausfluß unzweifelhafter Bosheit, welche sich zwar aus dem Gemütszustand
des zum Umgehen verurteilten, wohl noch unreuigen Sünders notdürftig
erklären lassen, aber mit dem zu büßenden Übereifer keinerlei Zusammenhang
haben, eher noch mit der Feiung der Kutsche. Die Entführung auf den Fremersberg
erinnert an das wilde Heer, der Beizug der Ente im Murbach an die Seelenwanderung
, doch möchte es sein, daß der Beichtvater einstens in Ermangelung
eines Grundstückes sich mit einer fetten Ente begnügt hätte. Doch weiß die Sage
hiervon nichts zu berichten.

Daß die Seele des „schwarzen Pfaffen" nicht im Leibe eines Kaminfegers weiterlebte
, bestätigt dieser selbst, aber wie kommt er dazu, die Mitteilung über eine
zwar recht lebensnahe, jedoch unzweifelhaft prosaische Verrichtung in geradezu
klassische Metrik zu kleiden? Sollte sich in solch „poetischer" Fassung der Antwort
des Kaminfegers nicht ein Schalk verraten?

Das Wirken des Geistes war ursprünglich auf die mitternächtige Stunde beschränkt
, es konnte durch Beschwörung abgewandt werden, es war befristet durch
Vollendung der ihm von Gottes Gericht auferlegten Reinigung und — im Falle
der Verdammung — durch die Bannung der unerlösten Seele. Das Einschließen
des „schwarzen Pfaffen" übrigens in eine Flasche hat Ähnlichkeit mit einem Begebnis
aus den orientalischen Märchen von Wilhelm Hauff. Die geisterhafte Kegelpartie
mit der übergebührlichen Entlohnung fügt sich nicht in den Rahmen sachlicher
Betrachtung, sie klingt an die Mär „von einem, der auszog, das Gruseln zu
lernen". Auffallend ist gerade an der Milchfrau, daß sie so spät auf dem Heimwege
ist, an einem Orte dem „schwarzen Pfaffen" begegnet, da er gar nicht zum Geistern
verpflichtet ist, wie denn überhaupt gegen das Ende seines Auftretens hin er die

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