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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
42. Jahresband.1962
Seite: 4
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Alle Gegenwart bedarf zu einem tieferen Verstehen immer der Gegenüberstellung
der Vergangenheit.

Solche Rückbesinnung auf das Vergangene ist heute nicht nur Sache des Alters,
dem ja seit je das Zurückliegende am vertrautesten wurde, sie ist zum besonderen
Anliegen der mittleren Generation geworden, die im Hineinwachsen in die eigene
Lebensverantwortung in zunehmendem Maße des Halts und des Maßstabs des
Vergangenen bedarf, indes der Jugend freilich verständlicherweise das Vor-ihr-
Liegende näher am Herzen liegt als das Zurückliegende. In der Bedrohung des Geschichtlichen
durch die Zeit ist solche Besinnung zu aller Anliegen geworden,
dem der Wissenschaft wie dem des Laien. Die allgemeine Geschichtswissenschaft
leistet der Gegenwart den unersetzlichen Dienst, daß sie uns diese aus der mitunter
so ganz andersartigen Vergangenheit verstehbar macht. Sie hält ihr Augenmerk,
gegenüber allen Verzerrungen und Verunglimpfungen des Geschichtlichen, unablässig
auf die Wahrheit gerichtet. Während früher einmal Geschichtsschreibung
gleichbedeutend war mit Darstellung politischer Geschichte, sind ihr heute alle historischen
Lebensäußerungen gleich wichtig. Vor allem tritt an Stelle einer Geschichtsschreibung
der Nationalstaaten, wie Heimpel sagt, „der Entschluß zur Weltgeschichte
", nachdem die Menschheit im Atomzeitalter sich mehr und mehr als
Einheit zu empfinden beginnt. Neben den „Entschluß zur Weltgeschichte" setzt
Heimpel den „Entschluß der modernen Forschung zur Landes- und Ortsgeschichte",
und damit ist von der Warte allgemeiner Geschichte ein gewichtiges Wort zur
Heimatgeschichte gesagt, die von ihr selbst nicht nur als ihre Dienerin und Hilfestellung
angesehen wird.

Denn der Heimatgeschichte kommt in der Situation unserer Zeit eine ganz eigene
Bedeutung zu. Sie steht dem Ursprung alles historischen Fragens am nächsten. Die
ersten und nie verstummenden Fragen an die Geschichte sind die nach den Schicksalen
unserer eigenen Vorfahren, nach Werden und Entwicklung der uns seit Kindheitstagen
umgebenden Umwelt. Während das Schulkind erstmals im Unterricht
sich die Kenntnisse der allgemeinen Geschichte aneignen muß, beginnen sich in ihm
die Fragen zu regen, wie es damals hier in seiner Heimat war. Viel zu wenig hat
man bisher getan, diesen ursprünglichsten Wissensdurst des Menschen gerade auch
im Unterricht zu stillen. Die Heimatgeschichte sollte der Ausgangspunkt historischen
Lernens werden, nicht die Welt- und Staatengeschichte. Denn die Heimat
ist der Ort, wo Anschauung und Wissen sich erstmals und bleibend zu einem Bilde
und einem Erlebnis verbinden können.

Auch für die Menschen, die ihre ursprüngliche Heimat verloren haben, wird
die Ortsgeschichte ihres neuen Aufenthalts von besonderer Bedeutung für ihre
Wiederanwurzelung. Denn durch die Geschichte lernen sie kennen und verstehen,
was ihnen zur Heimat werden soll.

Auch in unserem kommunalpolitischen Leben und im Umkreis unseres Berufs
bedürfen wir, wenn wir diese Aufgabenbereiche verantwortlich erfüllen und nicht
als notwendige Übel zur Fristung unserer Existenz betrachten, der Umsicht gegenüber
denen, die vor uns waren und des Unterrichts ihres Vorbilds. Und nicht
zuletzt ist im Bereich der Familie, der großen Hüterin der Liebe in einer zu kalter

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