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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
42. Jahresband.1962
Seite: 7
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scheinungen übertragen, gewaltig umdenken. Vom Thema her, wie wir es für
diesen Festvortrag gewählt haben, ist für unser Dreigespann Burg, Dorf und
Stadt zunächst zu sagen, daß es damals nicht bestand, ja, daß es damals überhaupt
nicht verstanden worden wäre. In der fränkischer. Zeit gibt es, von schwachen
römischen Resten abgesehen, weder Burg noch Stadt — jedenfalls dann nicht, wenn
wir mit diesen Worten feste, auch rechtlich präzise Begriffe verbinden wollen. Die
von den Franken siedlungsmäßig auch nach 750 nicht stark betroffenen alemannischen
Wohnsitze waren vici oder villae. Lassen wir es vorerst bei diesen lateinischen
Bezeichnungen und begnügen wir uns damit, zunächst von alemannischen
Dörfern zu sprechen: wir werden sehen, daß selbst dieser Dorfbegriff nicht ohne
Probleme ist. Von Städten kann man vor dem 11. Jahrhundert mit Fug nicht
reden, wenn nur je «Stadt» ein den späteren Erscheinungen irgendwie entsprechender
Begriff, eine wirtschaftlich, rechtlich und sozial wirksame Institution sein soll;
reden allenfalls von «Stätten», Siedlungspunkten, die ihren Namen nach Personen
oder Funktionen erhalten und in unseren mit -stat zusammengesetzten Dorfnamen
weiterleben — aus unserem Gebiet etwa zu nennen: Wagenstatt, Willstätt, Freistett
oder, jenseits des Rheins, Kilstett usw. Burgen sodann suchen wir, wenn wir
uns auch da an gewohnte Bilder halten, in fränkischer Zeit vergebens: die große
Zeit der Burgen, die den mit Graben und Zaun umwehrten Hof, die curtis fossis
sepibusque circumcincta, ablösen, bricht erst um das Jahr 1000 n. Chr. an, als
ritterlich lebende Leute, berufsständisch vom Bauerntum sich trennend, auf beherrschende
Höhen zogen. Wir werden also, in Abwandlung des Vortragstitels,
zunächst von dem reden müssen, was am frühesten — in noch zu erläuternder
Form — da war, vom Dorf.

Vorher allerdings wollen wir mit Umdenken fortfahren. Das Leben der
frühen Stufe unserer Gemeinschaftsbildung ist ein Leben in Verbänden, nicht in
Räumen. Vorgänge der Wanderzeit wirken lange nach. Noch herrscht als Grundform
der Verbandsbildung die mit dem »Haus« verbundene Großfamilie oder
Sippe; aus ihr heraus entwickeln sich in den oberen ständischen Schichten Formen
der Gefolgschaft, im bäuerlichen Bereich vicinitates, Nachbarschaftsverhältnisse;
und nicht von ungefähr nennt man den maßgeblichen Herrschaftsverband der
Zeit, den Verband des grundherrlichen Hofes, in sippenrechtlicher Denkweise
familia. Natürlich gehört zu Haus und Hof, zur Sippe der Blutsfreunde und zur
familia der Hofleute ein Nutzungsbereich, aus dem heraus man lebt. Aber dazwischen
liegen ungenutzte oder doch in höchst losen Formen genutzte Gebiete,
die erst nach und nach unter die volle Herrschaft des Menschen gebracht werden:
in einer Landschaft wie der Ortenau einmal die unerschlossenen, zwischen Urwald
und Steppe formierten Hochwälder des Schwarzwaldes, sodann — und daran zu
denken ist hier, in der Ortenau, besonders wichtig — die ganz unsicher begrenzten
, im wahrsten Sinne des Wortes bodenlosen Auen und Moose des in Bündeln
von Gießen, Runsen und Wagen sich auflösenden, träg dahinfließenden Rheins.
Und wenn daher die Grenzen von Breisgau, Ortenau und Ufgau nach dem Osten,
dem Schwarzwald zu, übergängig, durch Landesausbau verschiebbar sind, so sind

2 Die Ortenau

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