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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
42. Jahresband.1962
Seite: 18
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Das Beispiel der Burg am beherrschenden Ausgang des Kinzigtals ist nun aber
nur eines von vielen, wenn auch wohl das eindrucksvollste. Große Herrschaftsburgen
gab es neben den zahllosen Sitzen des Ortsadels in der
Ortenau auch sonst. Zu den bereits genannten Beispielen braucht man nur, vom
Rande des Gebietes her, noch an das altbadische Burgensystem zu erinnern
, wobei dann gerade die badischen Gebiete, die ja ihrerseits auf ein ursprünglich
geschlossenes Herrschaftsgebilde der Zähringer hinweisen, den Zerfall
dieser einheitlich gedachten und wenigstens in der Anlage folgerichtig durchgeformten
Macht charakterisieren. Denn die Burgen der Markgrafen und ihrer
Dienstleute werden ja von allen Seiten beengt und überschattet durch die festen
Sitze der Mitprätendenten um territoriale Geltung; und nicht zuletzt aus diesem
Zerfallsprozeß heraus ist die Ortenau des Spätmittelalters zu einem Musterbeispiel
territorialer Aufsplitterung, einem abschreckenden Beispiel
zugleich, geworden.

Erst die Neuzeit verschiebt die Gewichte: ganz allmählich, deutlicher spürbar
erst zu einer Zeit, da die Territorialbildung gehemmt, die einzelnen Zwergstaatsgebilde
erstarrt sind, drängen die Markgrafen von Baden stärker
vor, wobei ihnen wiederum auch die Landvogtei zu Hilfe kommt und die Zusammenfassung
der badischen Hausherrschaften unter Karl Friedrich 1771 späte
Hilfe gewährt °4). So kann denn zu einer Zeit, als Burgenbesitz längst kein Mittel
staatlicher Machtsicherung mehr darstellt, in den großen Umbildungsprozessen der
napoleonischen Periode die Ortenau zum Bindeglied des Kurstaates und
Großherzogtums werden. Hier, wo die von der jungen Großherzogin Stephanie
mokant bespöttelte Taille des badischen Landes am schmälsten war, liegt nun
aber auch, spürbar bis in unsere Tage, der räumliche Krisenpunkt des badischen
Länderstaates.

Kehren wir indessen von diesen Späterscheinungen noch einmal zum Burgensystem
selbst zurück! Wenigstens ein Element sei noch hervorgehoben, weil es
in der einheimischen Landschaft besonders deutlich heraustritt: die verfassungsgeschichtlich
viel zu wenig beachtete Tatsache, daß die Burg als Hochbau nicht
für sich allein steht. Nicht nur, daß man auf der Burg schließlich auch von
irdischen Gütern leben mußte und Bauhöfe brauchte, die das Notwendige an
täglicher Nahrung noch im Schatten des Burgfriedens erbrachten! Zur Burg gehört
die Herrschaft, Gerichtsherrschaft oder Vogtei, Herrschaft über Leib und Gut.
Zur Burg, die an Berg oder Felskuppe geheftet ist, gehört das, was zu ihren
Füßen liegt: das Tal. Wie «Berg und Tal», so gehören «Burg und Tal» zusammen
, und vom «Tal» sprach man in Zusammenhang mit einer Burg manchenorts
sogar, wo von einem Tal im geographisch-landschaftlichen Sinne gar nichts
zu spüren war35). Hier, in der Ortenau, haben wir das Miteinander von
Burgsitz und Talschaft in zahlreichen Beispielen vor uns. Jedes Tal hat seine

34) W. Windelband, Die Verwaltung der Markgrafschaft Baden z. Zt. Karl Friedrichs (1916). R. G.
Haebler, Ein Staat wird aufgebaut: Bad. Geschichte 1789—1818 (1948).

35) Näheres in Bd. II meiner dörflichen Rechtsgeschichte.

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