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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
42. Jahresband.1962
Seite: 32
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Hagen, der den Autornamen ab Indagine führte, und Wolfgang Hildebrands
„Planetenbuch" sowie dessen „Magia naturalis" können damals schon in den Gesichtskreis
des beweglichen Suchers getreten sein, ohne daß deshalb anzunehmen
ist, daß er sich praktisch als Astrologe betätigt hat.

Sein Einblick in die Naturwissenschaft konnte nur dilettantisch sein. Die Naturphilosophie
des Paracelsus wurde ihm durch die Bücher des altmärkischen Vielschreibers
Hans Schultze, der sich Johannes Praetorius nannte, vermittelt im
Zwielicht von aufklärerischem Spott über allzu törichten Aberglauben und tiefwurzelnder
Überzeugtheit von der realen Existenz der Hexen, Zauberer, Dämonen
und Elementargeister. Daß auch ein Traktat des großen Theophrastus Bombastus
selbst, der von den Nymphen, Sylphen, Pygmäen und Salamandern handelte, in
seine Hände kam, ist nach dem fünften Buch des „Simplicissimus" wahrscheinlich.
Diese Vorstellungen setzten sich für seine anschauliche Phantasie sogleich mit Ortssagen
des Schwarzwaldes in spielende Verbindung, ohne daß er in kosmischem
Denken und pantheistischem Weltgefühl sich daraus ein großes System der Quellgeister
und geheimen Naturkräfte aufgebaut hätte. Auch um die Kabbala und die
Hieroglyphen hat er nicht ernstlich gerungen; der Reiz dieser Geheimnisse konnte
schon in dem, was bei Garzonius darüber zu finden war, seine Einbildungskraft
anregen, und ohne grübelnde Vertiefung in die magische Welt des Orients hat er
seinen ersten Roman, den „Keuschen Josef" (1667), frischweg angekündigt als
„so wol aus Heiliger als anderer Hebreer, Egyptier, Perser und Araber Schrifften"
zusammengetragen. Die Hauptquellen waren andere als die, nach denen später der
Konkurrent Philipp v. Zesen seine „Assenat" schrieb, wegen der ein literarischer
Streit ausbrach; für Grimmelshausen waren es die „Jüdischen Altertümer" des
Flavius Josephus und das Persianische Rosental aus der „Orientalischen Reisebeschreibung
" des Adam Olearius. Er faßte die Geschichte, die er nach vielen
Dramatisierungen des 16. Jahrhunderts erstmalig in Romanform brachte, schließlich
nicht anders auf denn als „Exempel der unveränderlichen Vorsehung Gottes".
Damit war er bei der Theologie als der letzten unter seinen Künsten und Wissenschaften
angelangt.

Auf dem Wege dorthin muß ein wichtiger Wendepunkt und Markstein im Übertritt
zur katholischen Kirche bestanden haben. Es kann kein Zweifel bestehen, daß
Grimmelshausen in protestantischer Erziehung aufgewachsen war. Die Kenntnis
evangelischer Erbauungsbücher und Kirchenlieder, die Beschlagenheit in Luthers
Bibelübersetzung und die gelegentlich durchschimmernde Glaubensgrundlage des
Lutherschen Rechtfertigungsgedankens sind dafür ebenso beweiskräftig wie
der lutherische Charakter der Vaterstadt Gelnhausen. Aus welchen Erlebnissen
der Bekenntniswandel hervorging, ob als einfache Folgerung aus der Zugehörigkeit
zur kaiserlichen Armee oder als Zugeständnis bei der Verheiratung, ob als
Eindruck der katholischen Umwelt in Westfalen, Bayern und im Schwarzwald
oder als Einfluß eines religiösen Führers, ob als Kompromiß oder als Lösung
einer tieferen Lebenskrisis, die nach dem Halt der festgeformten alten Kirche
greifen ließ, darüber sind keine sicheren Feststellungen möglich. Ein fanatisches
Konvertitentum, wie etwa bei dem Zeitgenossen Angelus Silesius sich immer

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