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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
42. Jahresband.1962
Seite: 200
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1962/0212
Der furchtbare Schlag, welcher das Glück der südlichen Hälfte des deutschen
Vaterlandes und so auch dieses blühenden Ländchens zertrümmerte. Moreau überschritt
bei Kehl am 24. Juni 1796 mit Kühnheit Deutschlands Schutzwehr, den
Rhein. Hinter ihm her flutete im rauschenden Getöse sein wildes Heer, ohne Sold
und Manneszucht; ausgehungert und halb nackend, aufgereizt durch den Schwindelgeist
einer zügellosen Freiheit, verhöhnend alle Bande der Religion und der Sittlichkeit
. Kork und die benachbarten Orte waren die erste Beute, auf welche sich diese
räch- und beutesüchtige Horde in verachtender Sicherheit warf. Zu unserem Unglück
faßte ein Rittmeister des österreichischen Regiments Kavanach, ein Held,
dessen Namen wir leider nicht erfahren haben, den Entschluß, in der Abenddämmerung
jenes für uns schrecklichen Tags mit 60 Kürassieren aus einem Hinterhalt
im hiesigen Ort den sicheren, in einer Heeressäule von 15 000 Mann unter
General Beaupuis einrückenden Feind zu überfallen. Dem Kühnen steht das Glück
zur Seite. Wenige Minuten, und die kleine eiserne Schar war mitten unter den
Feinden, unter denen sie eine über alle Vorstellung steigende Verwirrung anrichtete
, 600 bis 800 Mann tötete oder verwundete, Kanonen eroberte und die
ganze Kolonne, da der schwerverwundete kommandierende General Beaupuis
(welcher in der Folge im Treffen bei Emmendingen geblieben ist) nichts mehr
anordnen konnte, bis gegen Neumühl schimpflich zurücktrieb. Dort erst erholten
sich die Feinde von ihrem panischen Schrecken und stellten sich aufs neue in
Ordnung auf, um die kleine Heldenschar zu vernichten. Diese hieb sich aber mit
einem unbedeutenden Verlust glücklich durch. Ohne Lächeln kann man auch jetzt
noch nicht den offiziellen Bericht des Obergenerals Moreau über den hiesigen
Kampf lesen. Moreau sagt, bei Kiöken (statt Kork) habe aus einem Engpaß (in
einer flachen Gegend) das ganze Regiment Kavanach (dann wäre der Erfolg noch
anders gewesen) furieusement angegriffen. So schön diese in den damaligen öffentlichen
Blättern kaum berührte Waffentat jener kleinen Heldenschar war, so wenig
hatte Kork Ursache, sich darüber zu freuen. Denn nun drang das durch Beschämung
noch mehr erbitterte feindliche Heer mit grenzenloser Wut in die
Wohnungen der Bürger. Bald erschallte gen Himmel das Wehklagen der Geplünderten
, Geschändeten und grausam Mißhandelten. Generale und Offiziere
wagten es nicht, den erbarmungslosen Unmenschlichkeiten Einhalt zu tun. Was
nicht von den Plünderern weggebracht werden konnte, wurde mutwillig zerstört.
Selbst Moreau — o dürften wir es nicht sagen! —, selbst Moreau sagte zu den mit
heißen Tränen um Erbarmung flehenden Einwohnern kurz und kalt: „Das ist das
traurige Kriegsschicksal; der Krieg ist eine Geißel!" Elf Tage und Nächte — ach,
elf lange Tage und Nächte währte dieses namenlose Elend. Der Raum dieses Buchs
erlaubt nicht, die einzelnen Auftritte jener Schreckenszeit zu beschreiben. Nur einen
erlaube ich mir zum gefeierten Andenken an einen edlen Mann, der bald darauf
ein Opfer seiner Berufstreue wurde, darzustellen. In einen etwas abgelegenen
hiesigen Garten hatte sich eine Anzahl Männer, Weiber, Töchter und Kinder geflüchtet
, um den nie aufhörenden Quälereien in ihren Häusern um Geld und Befriedigung
tierischer Lust zu entgehen. Wie ein durch reißende Wölfe versprengtes

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