Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
42. Jahresband.1962
Seite: 205
(PDF, 67 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1962/0217
Volk. Ich bewunderte seine Geduld und Ausdauer in Ertragung des fremden
Joches, seine hohe Kraft im Befreiungskrieg, am meisten aber seine reine Menschlichkeit
und sein tiefer religiöser Sinn in der Hungerzeit. Angestellte und Bürger,
Reiche und selbst Arme wetteiferten in Opfern und schönen Handlungen. Von
vielen Beispielen nur eins. Die Einwohner der ehemaligen Ortenau bauen Wintergerste
, welche mehrere Wochen vor der übrigen Frucht reif wird und in dem
Hungerjahr ein großes Rettungsmittel abgab. Im ehemaligen Hanauerland wird
sie wegen tieferer Lage nicht gebaut. Aber sehr viele Familienväter hiesiger Gegend
stellten sich bei jenen Nachbarn als Teilnehmer dieses Gottessegens ein;
manche hatten kein Geld, nicht einmal Bekannte. Die braven Nachbarn fragten
nicht: Welches Glaubens bist du? Sie gaben fast allen auf Wiederersatz in Früchten,
also um ein Drittel des damaligen Preises auf Treu und Glauben, und viele Armen
erhielten sie selbst von Armen ganz umsonst. Auch das werde geschrieben auf die
Nachkommen. Sie müssen auch die schönen Blüten und Früchte kennenlernen,
welche jene traurige Zeit aus deutschem Geist und Gemüt hervortrieb. Denken
sie sich in die Geschichte jener Tage einer schweren Prüfung zurück, so wird ihnen
auch nachfolgender Auszug aus dem Vortrag genügen, da die ganze Rede wegen
Mangel an Raum in dem auf 10 Bogen bestimmten Buch sowie manche andere für
dieses Mal nicht gegeben werden konnte. Die Herzen der Zuhörer durften nicht erst
erweicht werden. Der Eindruck, den Gott selbst gemacht hatte, durfte nur benutzt
werden zur Selbstprüfung, Besserung und Heilung und zum trostvollen
Festhalten an unseres Gottes unwandelbarer Vatertreue. Zur Vergleichung mit
der jetzigen Zeit folgt hier eine Tabelle, die dem Denkenden so lehrreich werden
kann als eine Predigt. (Wir ersparen uns hier diese Preistabelle.)

Wem sollte ich diese Leidensgeschichte und diesen Predigtentwurf lieber widmen
als meiner lieben Kirchengemeinde Kork, euch und euern Kindern!

Es sind nun sechzehn Jahre — eine verhängnisvolle Zeit —, während welcher
ich unter euch nicht nur mein geistliches Amt verwalte, sondern auch im Geiste
meines Berufs euch überhaupt nützlich zu werden versuchte. Mit euch habe ich in
diesen wichtigsten Jahren meines Lebens viel gelitten. Diese gemeinschaftlich bestandenen
Gefahren, diese miteinander gebrachten Opfer knüpften das schöne
Band der Liebe und des gegenseitigen Vertrauens zwischen uns nur noch fester.
Eine Gemeinde wird nie alt; aber auf mich muß ich das Wort anwenden: Es will
Abend werden, und der Tag meines Lebens fängt an, sich zu neigen. Weil es noch
für mich Tag hienieden ist, wollte ich durch diese euch besonders gewidmete Gesuchte
sowie durch diese ganze kleine Predigtsammlung euch ein Mittel in die
Hand geben, die wichtigeren Ereignisse, die wir miteinander erlebt haben, und
die Lehren, welche wir nach des heiligen Weltregenten Absicht zum Wohl unserer
Seelen daraus ableiten, dem Strome der Vergessenheit zu entreißen.

Ihr Nachkommen in diesen vier, durch das kirchliche Band vereinten Gemeinden
! Ihr kommenden Geschlechter! Steht ihr einst auch in Versuchung, durch unglückliche
Zeiten und Weltereignisse kleinmütig und verzagt zu werden, so
erinnert euch, daß Gott euren Voreltern immer mit seiner Hilfe am nächsten er-

205


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1962/0217