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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
42. Jahresband.1962
Seite: 260
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während der Baujahre in dem sogenannten Krankenhaus beisammengewohnt, gespeist
und zwei oder drei in einem Zimmerle geschlafen, genügsame Zellen sowie
das Refektorium und die Kuchel beziehen konnten, und der solemne und freudige
Einzug geschah am Feste des hl. Leopold, den 15. November." Nach dem Te Deum
und priesterlichen Segen dankten die Klosterfrauen „mit Vergießung vieler Freudenzähren
" der gnädigen Frau; und nachher wurde „mit größtem Jubel und
Frohlocken" das erste Mittagsmahl im neuen Hause eingenommen.

Das sogenannte Abteigebäude mit Äbtissinnenwohnung, Sprechzimmer, Gastzimmern
war damals noch nicht vollendet, und es sollten noch schwere Stürme
über Lichtental dahinbrausen, bis Euphrosina endlich den fertiggestellten schönen
und stilvollen Bau ohne Störung bewohnen konnte.

1733 wurde die Markgrafschaft wieder in einen Krieg hineingezogen: den
polnischen Erbfolgekrieg, entbrannt zwischen Frankreich, Österreich und dem mit
ihm verbündeten Rußland. Frankreich begünstigte den vertriebenen Polenkönig
Stanislaus Lesczinski, die beiden anderen Mächte hielten zu dem Sohne Augusts
des Starken. Obwohl die Franzosen aber Ende Oktober in Kehl einzogen, blieb
Lichtental einstweilen noch von Kriegsgreueln verschont, der Bau der „Abtei"
konnte vollendet werden. Am 4. März 1734 bezog Euphrosina die Äbtissinnenwohnung
in dem bei aller Einfachheit doch so würdigen, schönen Haus, das
Peter Thumb alle Ehre macht und schon viele Besucher wohltuend beeindruckt hat.

Das war nun wieder ein Tag heller Freude für die sorgenreiche Äbtissin von
Lichtental.GlyckhersBericht über dieses Ereignis klingt aber nicht so frohgemut: er
schrieb ihn erst später, nachdem er erlebt, was damals noch in dunkler Zukunft
lag. Schon im Mai mußte Lichtental sich mit einer Schutzgarde versehen, weil
die Kriegsgefahr wieder bedrohlich wurde. Nach der Eroberung der Festung
Philippsburg zog die französische Armee in die nahe Umgebung des Klosters. Es
wurde sogar in eine verhängnisvolle Schießerei verwickelt, da eine württembergische
Freikompagnie, die in der Dunkelheit auf das Kloster zurückte, von der
Wache und dem Oberschaffner für Feinde gehalten und von beiden Seiten Feuer gegeben
wurde. Glyckher, der diesen Zusammenstoß dramatisch beschreibt, erwähnt
eigens den Schrecken der gnädigen Frau und des Konvents, als sie durch die
Sturmglocke aus dem Schlaf gerissen wurden. Es muß schon ein großer Schrecken
gewesen sein: kaum eingezogen in die neue Abtei — und schon von Schüssen und
fürchterlichem Lärm umdroht! Obwohl die badische Regierung das Kloster
Lichtental in dieser Schießerei-Affaire in Schutz nahm, konnte sie doch nicht verhindern
, daß Hauptmann Biberach Entschädigung verlangte für die Verluste, die
seine Kompanie durch die Beschießung erlitten hatte (GLA Licht. 134).

Inzwischen wurde Lichtental aufs neue vom Krieg berührt. Nach Glyckhers
Chronik rückten am 23. August 1734 am hellen Mittag über 400 „Marauders"
gegen das Kloster vor und stürmten „wie brüllende Löwen" zum Tor, um das
Haus des Friedens zu plündern und zu demolieren. Ein Schuß dieser „verrückten
Leute" veranlaßte den Oberschaffner, nun seinerseits den wachehaltenden Bauern
das Kommando zum Schießen zu geben. Die wütenden Feinde feuerten darauf

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