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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
43. Jahresband.1963
Seite: 151
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1963/0163
Der Neigung Johann Reinhards für Künste und Wissenschaften entsprang 1612
die Gründung einer dreiklassigen Lateinschule (Gymnasium) in der Residenz
Buchsweiler, ohne Zweifel in der Absicht, brauchbare Geistliche und Beamte heranzubilden
. Abhold war er jedem kriegerischen Streit und wich darin nicht von der
Art seiner Väter *). In nachbarlichen Unterhandlungen mit Lothringen wegen Vorenthaltung
der Zweibrücker Lehen hat Hanau 1606 auf die Herrschaft Bitsch
Verzicht geleistet und statt deren das Amt Lemberg (Pirmasens) im Westrich erhalten
. 1610 schloß Johann Reinhard mit dem stammverwandten Grafen Philipp
Ludwig II. von Hanau-Münzenberg einen Erbvertrag, wonach beim Aussterben
einer Linie der überlebenden der ganze hanauische Besitz zufallen sollte.

Damals vollzog sich die Ausbildung des Beamtentums. Von alters her walteten
Amtmann und Amtsschaffner in den Ämtern. Die Beaufsichtigung der Wälder und
Hegung des Wildstandes oblag den herrschaftlichen Förstern und Jägern. Zur Abfassung
einverlangter Berichte, Aufnahme der verschiedenen Protokolle und
Durchführung notarieller Akte war im 16. Jahrhundert der Stadt- oder Gerichts-,
auch Amtsschreiber hinzugetreten. Der Andrang der Geschäfte in der Gesamtverwaltung
erforderte nun die Zuziehung von juristisch gebildeten Räten und
endlich die Einsetzung eines Regierungskollegiums: einen Oberamtmann mit vier
beigeordneten Räten 1601. Jetzt entsprangen der Kanzleistube in Buchsweiler die
Verordnungen der landesherrlichen Gesetzgebung. Das patriarchalische Verhältnis
des Mittelalters zwischen Herrschaft und Untertanen löste sich auf. Diese neue
Einrichtung verschlang viele Mittel und forderte den Widerspruch des gemeinen
Mannes heraus. Die Besorgung des amtlichen Schriftwechsels mit der Kanzlei
Buchsweiler vermittelte ein berittener Bote, der Einspännige, da er ein Pferd zu
halten hatte. Was nun Graf Johann Reinhard bewogen haben mag, seinen Rat
und Kapitän Wolf Rudolf von Ossa, einen eifrigen Katholiken, zum Oberamtmann
und Vorsitzenden des Regierungskollegiums und Hofgerichts in Buchsweiler
— dem höchsten Amte der Grafschaft — zu berufen, ist nicht bekannt (Bestallung
vom 2. April 1616). Ossas bisherige Beziehungen zu Erzherzog Leopold, dem
Straßburger Bischof, und dem Herzog von Vademont, dem Bruder des Lothringer
Herzogs, mußten, wenn auch ungern, gelöst werden. Im Gegensatz zur Mehrzahl
seiner fürstlichen Zeitgenossen verhielt sich Graf Johann Reinhard zu den einschneidenden
religiösen und politischen Fragen im Reiche gleichgültig und teilnahmslos
. Um die gemeinsame Sache aller Protestanten scheint er nichts gewußt zu
haben. Will es da wundernehmen, daß sich für Beziehungen zu den glaubensverwandten
Baden-Durlach und Württemberg oder gar zur Union keinerlei Beweise
finden lassen! Vielleicht legte die Sorge um den ungehinderten Besitz seiner Metzer,
Straßburger, Speyrer und Mainzer Bistumslehen dem Grafen als Nachbar des
streng katholischen Hauses Lothringen und weitläufiger, unter österreichischer Herrschaft
stehender Gebiete kühle Zurückhaltung auf. Mit dem Bischof von Straßburg,
Erzherzog Leopold zu Österreich, und der bischöflichen Regierung in Zabern bestand
ein gutes Einvernehmen, das auch der ausbrechende Krieg nicht zu trüben

2) „Die Grafen von Hanau haben zu jeder Zeit mehr den edlen Frieden gesucht und sind nie fremdem
Kriege gefolgt" (Hochgräfl. Leichenpredigt 1666).

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