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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
43. Jahresband.1963
Seite: 209
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1963/0223
In jenen Jahren begann für das Thermalbad im Oostal die große Blütezeit als
weithin bekanntes, berühmtes Heilbad. Schon unter dem Vorgänger Christophs,
unter dem Markgrafen Karl, hatte diese Entwicklung eingesetzt. Nichts kennzeichnet
wohl die Bedeutung Badens besser als die Tatsache, daß Kaiser Friedrich III.
im Jahre 1473 zu einer mehr als sechs Wochen dauernden Badekur gekommen
war — nicht als Privatmann, sondern mit dem ganzen Hof und allen beglaubigten
Gesandten, mit einem riesigen Gefolge von Fürsten, hohem Adel und hoher Geistlichkeit
. Er „padete" nicht nur, sondern erledigte auch im Neuen Schloß die
laufenden kaiserlichen Amtsgeschäfte.

Vielleicht hat aber noch ein ganz besonderer Grund den Pestforscher Dr. Widmann
gereizt, nach Baden-Baden zu kommen, hier zu praktizieren und außerdem
einer sehr eigenartigen Erscheinung nachzuspüren. Denn jedesmal, wenn die Pest
in Deutschland wütete, taten die Badener, was ihre Vorväter schon 1349 getan
hatten, als „ein grausames erschrockendliches landsterben durch die ganz teutsche
nation" ging, ja, was noch ihre Enkel im Cholerajahr 1831 taten: sie öffneten ihre
Thermalquellen und ließen das heiße Wasser durch die Gassen der Stadt fluten —
und die Quelldämpfe hielten das große Sterben fern!

Dies war just auch 1473, im Jahr des Kaiserbesuches, wohl der Fall gewesen, als
wieder einmal in einem drückend heißen Sommer die Pest wütete; aber in dem
überfüllten Baden — von dem einer der brandenburgischen Räte nach Hause
schrieb, es sei „eine stinkendiu Stadt" — war kein einziger Pestfall zu verzeichnen.
Dies mag den gelehrten Verfasser des Pestbüchleins, das die Ursache der Seuche
„in aere corruptu", in „verpesteter Luft" sah, sehr wohl bewogen haben, die auch
in dieser Hinsicht medizinisch so interessante Stadt zum Platz seiner praktischen
und forschenden Tätigkeit zu wählen.

Wenn oben die Behauptung aufgestellt wurde, daß Widmann einem Ruf des
Markgrafen gefolgt sei und von der Universität Ingolstadt — auf der er offenbar
nur Studierender, nicht Lehrender war — nach Baden-Baden übersiedelte, dann
gibt es hierfür eine einleuchtende Ursache. Denn in diesem Zusammenhang wird
man eine besondere Koppelung in der Geschichte der Markgrafschaft und in der
Geschichte der Stadt Baden mit den biographischen Daten des Dr. Johannes
Widmann, des Möchingers, nicht übersehen dürfen, die bisher keiner der Forscher
beachtet hat: am 24. Februar 1475 hatte Christoph die Herrschaft übernommen.
Ursprünglich war dieser Sohn des Markgrafen Karl nicht als Nachfolger des
Regenten ausersehen; eigentlich war er für den geistlichen Stand bestimmt gewesen.
Er hatte die Domschule in Speyer besucht, als er dann, durch die Umstände genötigt,
als 22jähriger die Herrschaft über die Markgrafschaft übernehmen mußte.

Am Hof, im Neuen Schloß zu Baden-Baden, begann eine neue, von modernen
Ideen beseelte Zeit. So klingt es durchaus nicht unwahrscheinlich, wenn man
annimmt, daß der neue Herr sich auch nach einem neuen, in der Welt des
Humanismus, auf den Hochschulen Italiens ausgebildeten Leibarzt umsah. Denn
der Leibarzt seines Vaters, ein einstiger Feldscherer, so bedeutend er in seiner Art
war, entsprach kaum den Wünschen des jugendlichen Christoph. Vielleicht wollte
unter den neuen Verhältnissen der bisherige Leibarzt den Dienst nicht mehr aus-

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