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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
43. Jahresband.1963
Seite: 220
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Schule zu Füßen des Professors Johannes Widmann gesessen sei und auf derPfauen-
burse des Tübinger Contuberniums mit dem Wilhelm von Hohenheim gelegen.

„Die beiden — als pauperi (Arme) immatrikuliert — hatten kaum einen Weiß-
pfennig zu vertun", heißt es bei Kolbenheyer. „Während die anderen Studenten
in den Tübinger Weingärten herumstrichen und die Häner neckten, hielten sie mit
anderen eifrig hinter den Studien her, so daß ihr berühmter Lehrer Johannes
Widmann — er schrieb sich Salicetus, war Leibarzt des Herzogs — ihnen wohlgesinnt
wurde." Wilhelm Bombast ging dann nach dem Lyzentiat der Medizin auf
Wanderschaft, Andreas Silzer kam durch seinen Lehrer Widmann an das Fuggersche
Haus, als Arzt und Chemiker auf das Silbergut in Schwaz, woraus man ersehen
kann, daß Dr. Johannes Widmann auf gutem Fuß mit den Großen im Reich stand;
denn Fugger, das war zu jener Zeit, was in unseren Tagen ein Ford oder Morgan
oder Carnegie bedeutet.

Noch ein später weit berühmterer Mann des Humanismus als des Paracclsus
Vater sollte bei dem Tübinger Professor Medicinae Dr. Johannes Widmann hören;
es werden vermutlich sogar manche überrascht sein, gerade von diesem jungen
Studenten als Hörer in einem medizinischen Kolleg zu vernehmen: es war Philipp
Melanchthon, der spätere Reformator und Praeceptor Germaniae, der damals an
der Tübinger Universität seinen Doctor baute — an der Universität, an welcher
auch sein nicht minder berühmter Onkel Reuchlin lehrte, übrigens ein guter Freund
Widmanns. Daß Melanchthon damals bei dem Möchinger medizinische Vorlesungen
belegte, mag zunächst erstaunlich klingen; ist aber gar nicht so abwegig,
wenn man die Begründung hört, die der junge Melanchthon selber gab und die so
erstaunlich modern klingt: wer die Seelen heilen will, müsse auch etwas von den
körperlichen Dingen verstehen . . .

Kurz, der Professor und Leibarzt genoß persönlich großes Ansehen, besaß einen
guten wissenschaftlichen Ruf, kaum hatte er seine Stellung in Tübingen angetreten.
Sie befestigte sich in außerordentlicher Weise im Jahre 1492, als Eberhard schwer
erkrankte, so schwer, daß alle um sein Leben fürchteten. Es gelang der ärztlichen
Kunst des Leibarztes, seinen Herrn zu retten. Hiermit war die Stellung Widmanns
so gefestigt, daß kein Widersacher ihn aus der Gunst und der Achtung seines
Fürsten hätte mehr vertreiben können; es wurde auch nicht versucht.

Die besondere Vertrauensstellung des Professors und Leibmedikus weitete sich
bald insofern aus, als sein Fürst ihn nunmehr auch in die medizinische Landesverwaltung
einschaltete. Am 27. September 1493 wurde Johannes Widmann „das
ganz Examen der Sondersiechen im ganz Land zu Wirtemberg" übertragen. Das
bedeutete, daß er die staatliche Aufsicht über alle Siechenhäuser — vielfach auch
Gutleuthäuser genannt — erhielt; in ihnen fanden die Aussätzigen ihre abgesonderte
Unterkunft in besonderen Gebäuden, die außerhalb der Stadtmauer
erbaut werden mußten.

Man darf annehmen, daß Widmann sich dieser Aufgabe nachdrücklich widmete.
Denn es ist auffallend, daß wir aus jenen Jahren, auch schon aus seiner Zeit am
markgräflichen Hof in Baden-Baden, keinerlei Literatur von ihm kennen. Das
ist bei einem Universitätsprofessor mindestens auffallend. Offenbar wandte

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