Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
43. Jahresband.1963
Seite: 230
(PDF, 61 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1963/0244
Und dann ist Widmann wohl auch ein großer praktischer Arzt gewesen. Selbst
Haller muß es, nach vielen kritischen Anmerkungen dem Autor Widmann
gegenüber, anerkennen, und so wiegt sein Urteil doppelt, obwohl sich Haller
nicht scheute, selbst hier ein wenig abschätzige Bemerkungen einzuflechten: „Das
große Ansehen, das er gleichwohl genoß, muß also wohl mehr auf seinen persönlichen
Eigenschaften, vielleicht auch nur auf der wertvollen Fähigkeit, sich ein
Ansehen zu geben, beruht haben, und wenn wir von glücklichen Kuren hören,
die ihm gelangen, und sehen, wie er von nah und fern um Rat angerufen wurde,
freilich sich auch nicht scheute, brieflich zu behandeln, wo er nicht selbst kommen
konnte" — was wir etwa aus der balneologisch-medizinischen Literatur des
Paracelsus für eine Kur in Niderbader., was Baden-Baden meint, in gleicher
Weise wissen! — „so wollen wir (Haller) gern glauben, daß seine Praxis wertvoller
gewesen ist als seine Wissenschaft . . ."

Während der Arbeit an dem Werk über die Syphilis war Herzog Eberhard
schwer erkrankt. Johannes Widmann behandelte ihn; aber retten konnte seine
Kunst diesmal den Fürsten nicht. Eberhard starb 1496. Nach dem Tod des Herrschers
gab es Stimmen in Tübingen und am Hof, die den Leibarzt verantwortlich
machten an dem Hinscheiden seines fürstlichen Freundes: Widmann habe eine
Fehldiagnose gestellt und ungeeignete, ja, für den Kranken schädliche Heilmittel
verschrieben. „Kert euch nit gar an doctor Machinger" — gemeint ist Widmann
in diesem Brief der Gräfin Elsabeth von Württemberg an den Markgrafen Friedrich
von Brandenburg — „den es ist das gemain geschrey in Schwaben, er hab Herzog
Eberhard ertod."

Wir erfahren aus dem Brief der Gräfin vom Mai 1496 näheres über die Krankheit
und ihre Behandlung durch Widmann. Es heißt dort weiter: „er hab im
arzeney geben, das hab so ser an im überhand genumen und hab im die stul nit
konen stellen, das er hinenach das blut oben und unden hab von im getriben,
da sey er gestorben".

Man wird kaum fehlgehen, wenn man in diesem „gemain geschrey" die
Stimmen und Intrigen von Neidern vermutet, welche die Gelegenheit benützten,
um dem Leibarzt und Professor am Zeug zu flicken. Von Bedeutung scheint es
nicht gewesen zu sein. Denn im folgenden Jahr, im gleichen, da sein aufsehenerregendes
Syphilisbuch erschien, wurde Johannes Widmann zum Dekan der
medizinischen Fakultät gewählt. Das war vielleicht sogar als eine Art Rehabilitierung
gemeint; es ist kaum anzunehmen, daß er diese Würde erhalten hätte,
wäre an den Vorwürfen etwas Wahres gewesen.

Immerhin, beim Hof selbst scheinen jene Redereien nicht ganz ohne Wirkung
geblieben zu sein, denn zunächst wurde Widmann von dem Nachfolger Eberhards,
Eberhard IL, nicht zum Leibarzt ernannt. Mag auch sein, daß persönliche Gründe
vorhanden waren: der neue Herzog war ein autokratischer, unverträglicher Herr,
im Gegensatz zum ersten Eberhard, seinem Onkel. Andrerseits ist nicht bekannt,
daß er gegen die unter den gegebenen Umständen doch wohl auffallende Erteilung
der Dekanatswürde irgendeinen Einwand erhoben hätte, was seiner Art

230


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1963/0244