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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
43. Jahresband.1963
Seite: 234
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Kurort der Straßburger Patrizier; hier traf sich Widmann mit den alten Freunden
aus der Reichsstadt; Briefe Peter Schotts berichten darüber. Allerdings scheint es
in dem schwäbischen Kurort nicht so unterhaltsam gewesen zu sein wie im
Markgrafenbaden; denn Geiler von Kaysersberg fand es nötig, dem Peter Schott
und seiner Familie von Straßburg einen Doktor von Freyburg als Lustigmacher zu
senden; dieser habe seine Aufgabe so trefflich erfüllt, daß ihm der sonst ernsthafte
Canonicus Schott das Zeugnis ausstellte, er habe bei Tisch mit seinen „omeliis et
scomatibus" so unterhalten, „ut risu pene omnes defecerimus, praesertim famulae
nostrae, quibus risus in urinationem cessit" — nun, auch der Nichtlateiner wird
merken, welche Wirkung bei den Mädchen ob der Späße des lustigen Doktors sich
einstellte . . .

Leider sind im übrigen die Jahre des Tübinger Professors um 1500 in einige
Dunkelheit gehüllt. Nach der Darstellung Hallers ist Widmann als Leibarzt Ulrichs
bis 1513 nachweisbar; in diesem Jahr sei ihm zum letzten Mal das jährliche
Kostgeld für ihn selbst und einen Knecht ausbezahlt worden. Das läßt, meint
Haller, bis dahin auf dauernden Aufenthalt bei Hofe schließen. Die Professur aber
scheint er inzwischen aufgegeben oder doch nicht mehr ausgeübt zu haben. Wir
haben schon oben gehört, daß er sein Haus an seinen Schwager Dr. Jakob Krütlin
verkauft hat, der auch wahrscheinlich sein Nachfolger im Lehramt wurde. Immerhin
muß aber Widmann doch noch längere Zeit am Beginn des 16. Jahrhunderts in
Tübingen gewohnt und gearbeitet haben. Schließlich aber wird ihm doch der
doppelte Wohnsitz am Hofe und in Tübingen zu unbequem geworden sein.

Aber kehren wir, bevor wir uns in den letzten Lebensabschnitt Widmanns einblenden
, nochmals in das Jahr 1501 zurück. Denn da scheint neben Vorarbeiten
für das Wildbader Bäderbüchlein die Arbeit des Gelehrten in diesen Jahren vornehmlich
einem neuen Werk gegolten zu haben. Es erschien in Tübingen im
Jahre 1501: „Johann Saliceti, Tractatus de Pestilentia", zunächst der Sitte der Zeit
entsprechend in lateinischer Sprache. 1511 und in zweiter Auflage 1519 erschien es
in deutscher Sprache mit dem Titel: „Regimen, so man sich in pestillenzischem
lufft halten soll."

Man erinnert sich, daß von Widmann schon aus seiner Ingolstadter Zeit, vermutlich
aus dem Jahr 1472, eine Schrift über die Pest vorliegt; sie trägt sogar fast
den gleichen Titel wie sein Pestbuch von 1501, nach dreißig Jahren. Zweifellos
hatte Widmann wiederholt in dieser Zeitspanne Gelegenheit gehabt, die furchtbare
Geißel der mittelalterlichen Menschheit näher kennenzulernen: von der Pestgefahr
des Jahres 1473 in der badischen Markgrafschaft war schon oben die Rede; auch
1475 war ein Pestjahr — es war in jenen Jahren, da Widmann schon im oberrheinischen
Raum lebte, wahrscheinlich in Baden-Baden. 1490 wird in Briefen
seines Straßburger Freundes Peter Schott von einem neuen Auftreten der Pest
gesprochen, und schließlich starben um 1500 in Stuttgart allein rund viertausend
Menschen an der Pest. Kein Zweifel, daß der Tübinger Professor der Medizin und
alte Seuchenforscher Widmann hier sein wissenschaftlich ärztliches Interesse unmittelbar
angesprochen sehen mußte.

Das neue Pestbuch hatte demnach aktuelle Bedeutung. Es mag nicht ohne eine

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